1. Moers Niederrhein

Schulunterricht nach dem Zweiten Weltkrieg in Baerl: Die "Mölleken-Klasse"

Schulunterricht nach dem Zweiten Weltkrieg in Baerl : Die "Mölleken-Klasse"

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war eine schwere Zeit, auch in Baerl. Heinz Hackstein (79) erinnert sich an die Schulzeit und die erste Volksschulklasse nach dem Krieg, die so genannte "Mölleken-Klasse".

Die Zeit nach Kriegsende war geprägt von zerstörtem Wohnraum und großem Mangel an Lebensmitteln. Der Mangel an Wohnraum verschärfte sich noch durch die Vielzahl an Flüchtlingen, die aus dem Osten Deutschlands nach Westdeutschland kamen.
Für die Volksschüler der Jahrgänge 1934 bis 1936 aus Baerl, die den Krieg überlebt hatten, war die Not ständiger Begleiter. Da das eigentliche Schulgebäude an der Schulstraße (heute Atelierhaus) durch Bomben beschädigt war, wurde der Unterricht nach dem Krieg in verschiedenen anderen Räumlichkeiten abgehalten. "So wurde auch der ehemalige Gasthof `Zur Post´, der damals von der Familie Mölleken betrieben wurde, teilweise als Klassenzimmer genutzt, erinnert sich der ehemalige Volksschüler Heinz Hackstein, der heute in Moers Asberg lebt. Das Gebäude steht heute noch, Augustastraße / Ecke Geststraße.
Die Klasse bestehend aus drei Jahrgangsstufen wurde zusammen unterrichtet, so dass Lehrer Neuß rund 50 Schülerinnen und Schüler zu unterrichten hatten. Laut Hackstein war Herr Neuß ein guter Lehrer, der keine Körperstrafen mehr einsetzte (bis in die 1970er Jahre durchaus noch gängige Praxis in Westdeutschland).
Die so genannte "Mölleken-Klasse" hat sich nunmehr schon zum 19. Mal getroffen. Die Jahre der Not haben die Gemeinschaft zusammengeschweißt, auch 65 Jahre nach Entlassung aus der Volksschule. Nächstes Jahr soll es ein weiteres Treffen geben, verrät Heinz Hackstein und freut sich jetzt schon darauf. Bereits zum Klassentreffen 1960 hat er die Schulzeit bei Mölleken in einem Gedicht für die Ewigkeit zusammengefasst:

"Viele Jahr sind´s her, dass wir der Schule Los getragen, das wissen wir heut allzusehr, es waren mit die schönsten Jahre.
Es gab nichts zu essen, nichts zu kofen, wir schlugen Holz im Busch für unseren Ofen. Wir wurden versorgt mit Biskuit und grünen Bohnen, das müssen wir heut dem Staat noch lohnen.
Bei Kuchen, Kakao und Limonade, wurde "Jobbys" Jubeltag geehrt, die anderen Lehrer wurden dabei fade doch das hat uns nicht einmal gestört.
Wir wussten, dass in dieser armen Welt, ein jeder Sorgen hat mit dem Wirtschaftsgeld. Ein Frühstückskorb mit vielen kleinen Sachen, der konnte da schon sehr viel Freude machen.
Füller, Tinte und Papier gab´s wenig, wer es hatte, fühlte sich als König. Doch wenn ein Diktat wurd geschrieben, ein jeder weiß, verloren wir manch Tropfen echten Schweiß.
Die Feder kratzte, die Tinte lief, es war verhext. War es das Papier, oder der Federhalter, der so kleckst.
Gedichte, das waren bei uns die große Klasse, wir lernten sie alle, und wurden auf diesem Gebiet noch große "Asse". Von Bürgschaft, Erlkönig bis Nils Randers, das musste so sein, das ging mal nicht anders.
War schon unser Klassenraum nicht groß, doch unser Schulhof war famos, mit Hundehütt und Rumpelkammer, hatten wir oftmals unseren Jammer.
Wenn wir es trieben ganz so toll, kriegte "Möllekens Pitt" die Nase voll. Herr Neuß, sagte er, das ist das letzte Mal, die Kinder werden mir zur Qual. Ich feg und harke, und halt den Garten sauber, und ihre Kinder machen drin den schönen Zauber.
Manchmal gingen wir zum Sportplatz, zu den Buchen, doch meistens mussten wir Kartoffelkäfer suchen. Larven und Käfer taten wir einzeln sortieren, und die mussten dann in Gläsern und Büchsen krepieren.
Heute nennt man sowas Swimmingpool, damals war es Möllekens Pitt sein Entenpfuhl. Gar manchem wurd es zum Verdruss, wenn er drin saß mir seinem Fuß. Gar manches könnte ich noch erzählen, an Erinnerungen tut es mir nicht fehlen. Doch ich möchte meinen, jetzt ist es genug, sonst wird aus allem noch ein Buch.
Und nun zum Schluss, ich darf es hoffen, mög man dem Vers-Schmied gnädig sein, ich fühl mich nicht betroffen, wenn einer sagt, das könnt von Goethe sein."

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Der Verfasser und ehemaliger Volksschüler in der Mölleken-Klasse, Heinz Hackstein, lebt heute in Moers-Asberg und feiert im kommenden Jahr seinen 80. Geburtstag.