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„Das Erinnern bleibt aktuell“

„Das Erinnern bleibt aktuell“

Anne Prior, Gründerin und Vorsitzende des Vereins "Stolpersteine für Dinslaken e.V.", wurde für ihr Engagement in der Erforschung des Nationalsozialismus und seinen Folgen in Dinslaken der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Die Ordensinsignien nimmt sie morgen im Dinslakener Rathaus entgegen.

Dinslaken.

"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", heißt es im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftstücke des Judentums. Dies ist der Leitfaden für Anne Priors Arbeit. Die Buchhändlerin und Autorin engagiert sich bereits seit zwei Jahrzehnten in der Erforschung des Nationalsozialismus' und seinen Folgen in Dinslaken und Umgebung. Insbesondere beschäftigt sie sich mit den Biografien der Opfer des Nationalsozialismus' - mit besonderem Augenmerk auf das Schicksal der jüdischen Bevölkerung. Sie verfasste mehrere Bücher zu dem Thema, arbeitet regelmäßig mit Schulen zusammen, hält Vorträge oder begleitet Projekte. Zudem rief sie den Verein "Stolpersteine für Dinslaken e.V." ins Leben. Für ihr Engagement und auf Vorschlag von Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Anne Prior nun den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Heinrich Friedrich Heselmann, stellvertretender Landrat des Kreises Wesel, wird die Ordensinsignien morgen im Dinslakener Rathaus überreichen.

"Das hat mich wie aus heiterem Himmel getroffen", sagt Anne Prior. "Das ist nicht nur eine tolle Anerkennung meiner Arbeit, sondern gibt mir besonders viel Kraft weiterzumachen." Die Vorsitzende von "Stolpersteine für Dinslaken e.V." hat viel Zeit und Mühe in das Projekt gesteckt und ist im Rahmen ihrer Nachforschungen ständig in Kontakt mit Menschen aus ganzer Welt. "Alles, was damals passiert ist, hat Generationen später noch deutliche Auswirkungen. Das Erinnern bleibt darum immer aktuell. Das muss man sich vor Augen halten", so Prior.

"Wo die Juden geblieben sind, ist [...] nicht bekannt" heißt das erste Buch, in dem Anne Prior ihre Recherchen aufgearbeitet hat. Darin beleuchtet sie die Ereignisse vom 9. und 10. November 1938 und den darauffolgenden Tagen in Dinslaken und rekonstruiert die Deportation der in Dinslaken verbliebenen Juden. In ihrem 2015 veröffentlichten Buch "Geben Sie diese Kinder nicht auf!" beschäftigt sie sich intensiv mit den Schicksalen der Kinder und Jugendlichen aus dem Israelitischen Waisenhaus Dinslaken und den Kindertransporten nach Belgien. "Ich sah darin einen enormen Forschungsbedarf", so Prior. "Etwa 1.000 Kinder sind damals nach Belgien gebracht worden. Dahingegen waren es mehr als 10.000 Kinder, die nach Großbritannien kamen. Mit den Kindertransporten nach Belgien hatte man sich bis dato nicht auseinandergesetzt."

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Seit 2011 setzt sich Prior für die Verlegung von Stolpersteinen in Dinslaken ein. Diese Gedenktafeln aus Messing lässt Künstler Gunter Demnig vor dem letzten selbst gewählten Wohnort von Opfern der NS-Zeit ein. Bislang liegen 77 davon in Dinslaken. Der erste in Dinslaken verlegte Stolperstein in Gedenken an Leopold Strauss wurde laut Prior ganz bewusst gewählt und soll den langjährigen Leiter der Jüdischen Volksschule Dinslaken ehren. Prior betont die herausragende Zusammenarbeit und das Engagement des Berufskolleg Dinslaken. "Die Schülerinnen und Schüler setzen sich sehr intensiv mit dem Thema auseinander. Das ist wichtig und ein Zeichen für Nachhaltigkeit."

(Niederrhein Verlag GmbH)