1. Moers Niederrhein

: „Wählen und Wühlen“

: „Wählen und Wühlen“

„Wählen und Wühlen“ lautet der Titel der neuen Sonderausstellung des Grafschafter Museums. Sie beleuchtet die Frauen- und Demokratiebewegung vor 100 Jahren am Niederrhein.

Die Ausstellung läuft im Rahmen des Themenjahres NEULAND des kulturgeschichtlichen Museumsnetzwerks Rhein-Maas. Eine der ersten Frauen, die es in Deutschland gewagt hatte, öffentlich das Stimmrecht für Frauen zu fördern, war die Schriftstellerin Hedwig Dohm. „Zu der Zeit herrschte noch ein Frauenbild, das Frauen aufgrund ihrer angenommenen körperlichen und geistigen Eigenschaften zu nichts anderem geschaffen sah, als für die Familie und das Haus“, erläutert Museumsleiterin Diana Finkele. Die Rollenverteilung bestimmte lange Zeit nicht nur die Familie, sondern auch den Staat. „Die bürgerliche Familie galt als Keimzelle. Wer Kritik übte, rüttelte an der Gesellschaft“, so Finkele weiter.

Auch in verschiedenen Gesetzen wurden Frauen lange in ihren Rechten beschnitten. Beispielsweise konnte der Ehemann bis 1957 den Arbeitsvertrag seiner Frau fristlos kündigen. Für Lehrinnen oder andere Angestellten im öffentlichen Dienst galt bis 1921 eine „Zölibatklausel“. Wer heiratete, musste die Stelle aufgeben und verlor den Anspruch auf das Ruhegehalt.

Erst durch verschiedene Frauenvereine und vor allem durch Sozialdemokratinnen kam im Laufe der Jahrzehnte Bewegung in das Thema. So lautete Mitte der 1870er Jahre die Losung sozialdemokratischer Frauen: „Können wir nicht wählen, so können wird doch wühlen.“ Der Ausspruch hat auch den Titel der Ausstellung beeinflusst. Um mehr über die Hintergründe der jeweiligen Entwicklungen oder der Personen zu erfahren, müssen sich die Besucherinnen und Besucher durch Vorhänge „wühlen“. Die einzelnen Stationen führen bis zum 30. November 1918, dem Beginn des allgemeinen und gleichen Wahlrechts. Während danach viele Frauen in die Nationalversammlung und in viele Stadtparlamente einzogen, blieb der Moerser Kreistag lange den Männern vorbehalten. Erst 1925 rückte Marie Müller für einen verstorbenen Abgeordneten nach. Auch im Moerser Stadtrat blieben die Herren noch eine Weile unter sich. Erst im Herbst 1920 rückte mit Martha Müller die erste Frau in das städtische Parlament ein.

Zur Sonderausstellung gibt es wieder ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm, an dem auch die städtische Gleichstellungsbeauftragte Barbara Folkerts mitgewirkt hat. „Ich freue mich riesig, dass wir dieses Thema in Moers haben. Es ist immer noch hochaktuell, wie man an der Zusammensetzung des Bundestags sehen kann“, erläutert Folkerts. Unter anderem finden am 13. Juni und 12. September „Feministische Salons“ statt. Die Kabarettistin Anka Zink tritt zum Abschluss am 10. Oktober auf. Schulklassen und Gruppen können individuelle Führungen buchen. Öffentliche Führungen werden beispielsweise am 2. April und 5. Mai angeboten. Das Schlosstheater Moers zeigt mit seiner Lesereihe, dass Feminismus nicht nur wichtig, sondern auch unterhaltsam ist. Teile des Rahmenprogramms sind im Alten Landratsamt (Kastell 5b) zu erleben.