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Raumnot auf der Party-Insel

Raumnot auf der Party-Insel

66-jähriges Bestehen feiert die 1. Ruhrorter Karnevalsgesellschaft Weiß-Grün in diesem Jahr. Das Gesicht des Karnevals hat sich geändert im Laufe der Jahre; für den Verein aus dem Hafenstadtteil ist es nicht immer leicht, „auf Kurs“ zu bleiben.

Was ist eigentlich gegen Kaßlerfeld zu sagen? Kurt Hilgers jedenfalls, Präsident der 1. Ruhrorter KG Weiß-Grün, hat Schwierigkeiten, den Nachbarstadtteil südlich der Ruhr seinen Jecken schmackhaft zu machen. Zum zweiten Mal finden in diesem Jahr der Kostümball (am Samstag, 23. Januar) und der Altweiber-Ball (am 4. Februar) im „Haus Kontakt“, Scharnhorststraße 32 in Kaßlerfeld statt. „Bewirtung und Räumlichkeiten dort sind ideal“, sagt Hilgers, „aber es ist nicht leicht, die Ruhrorter dorthin zu lotsen.“

Im Hafenstadtteil Ruhrort jedenfalls scheint kein Platz mehr zu sein für Karnevalsveranstaltungen. Das Gemeindehaus verlangt einigen Aufwand, um die Akustik partytauglich zu machen, hat außerdem keine feste Bühne mehr. Darüber hinaus machen die immer noch bestehenden Verkaufsabsichten bzw. alternative Überlegungen des Eigentümers Haniel eine langfristige Planung schwierig.

„Die Schifferbörse war ideal“, erinnert sich Kurt Hilgers. Platz für 120 bis 130 Leute im Börsensaal und unten drunter der Hansehof für die anschließende Party. Doch in der Schifferbörse gibt es nur noch einen „On-Demand-Betrieb“, und wie lange es den noch gibt, ist ungewiss: Dem Vernehmen nach finden im oberen Geschoss, wo sich der Börsensaal befindet, bereits Umbauten statt; angeblich will der zukünftige Eigentümer hier Büroraum schaffen. Die „Bürgerschänke“, wo 1952 die 1. Große Prunksitzung der Ruhrorter KG stattfand, existiert längst nicht mehr; heute ist dort die Christengemeinde zuhause.

Doch Ruhrorter wissen mit Raum- und anderen Nöten kreativ umzugehen. So stattete der 2015 überraschend verstorbene Ehrensenator Willi Schmitz vor vier Jahren den Rosenmontagswagen der Weiß-Grünen mit „de Wagentonn“ aus – sehr praktisch für die Mannschaft und eine schöne Anspielung auf die „Tönnekes“, in die in der Ruhrorter Altstadt anno Tobak die Notdurft verrichtet wurde. Das Absingen des „Tönnekes-D’Ritter-Liedes“ ist der Höhepunkt eines jeden weiß-grünen Empfangs.

Und für einen besonderen Anlass findet sich dann auch immer noch eine besondere Lösung: So fand am Montagabend der Jubiläumsempfang zum 66-jährigen Bestehen in der ehemaligen Damenschwimmhalle des Binnenschifffahrtsmuseums statt. Einen besseren Ort, noch dazu im Jahr des 300. Hafengeburtstags, hätten die Ruhrorter Karnevalisten nun wirklich kaum finden können. Allein Bühnenmeister Jürgen Engels an der Tonanlage musste wieder Wunder vollbringen, damit die zahlreichen Ansprachen und Grußworte im extrem halligen Raum einigermaßen verstehbar blieben.

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Trotzdem: ein Museum kann nur eine Ausnahmelösung sein. Bleibt die Frage: Wohin in Ruhrort mit mehr als 60 Leuten?

Ein „sehr gutes Programm zu einem bezahlbaren Preis“ soll die Damen ins „Haus Kontakt“ nach Kaßlerfeld locken, hofft Kurt Hilgers. Das Prunkstück der Weiß-Grünen, die Tanzgruppe Lollypops, wird dort auftretenden, ebenso wie der Duisburger Karnevalsprinz Michael I. mit seiner Crew. „Bärchen“ allein ist schon eine ganze Menge Mann, aber das Programm bietet noch mehr: Bauchredner Michael Walta, die Travestie-Show „Traumland der Travestie“, der Comedian „Mr. Feinripp“ und Mike, der Bademeister sollen dafür sorgen, dass sich die Damen am Albweiberdonnerstag ab 16.11 Uhr auch ohne ihre Männer nicht langweilen – die sie ja beim anschließenden „Remmidemmi“ für alle Jecken wiedersehen können. Oder halt andere Ruhrsche Jongens ...

Weiterhin aber gilt für Kurt Hilgers und die 1. RKG Weiß-Grün: „Was wir in Ruhrort machen können, machen wir in Ruhrort.“ Im Notfall halt in Tönnekes ...

(Niederrhein Verlag GmbH)