1. Krefeld

Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen

Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen

Viele Menschen, die den Krieg als Kinder erlitten haben, konnten darüber nur schwer sprechen.

„Diese Generation blieb bis ins Alter stumm“, hat Peter Gutowski in seinem Leben erfahren. Bombennächte, Vertreibung, Gewalt, Angst und Hunger. Eine ganze Generation, die bei Kriegsende im zarten Kindesalter war, wurde von den grausigen Erlebnissen seelisch tief verstört.

Der Krefelder Autor und Theatermacher wollte der Kriegskind-Generation zur Sprache verhelfen. „Ich habe ein Theaterstück darüber geschrieben und es meiner Mutter gewidmet“.

Mehr noch: Gutowski lädt vor allem Jugendliche zu den Vorstellungen in seinem Privattheater „hintenlinks“ in der Alten Brotfabrik an der Ritterstraße ein. Die Jugendlichen diskutieren hinterher mit Zeitzeugen, die ebenfalls dazugebeten sind. Eine spannende und oftmals sehr emotionale Begegnung.

„Das Stück ist so hart, dass ich mich am Tag danach kaum bewegen konnte, als ich es das erste Mal gesehen habe“, berichtet Gerda Stevens tief bewegt. Die Krefelderin war bei Kriegsende fünf Jahre alt und lebte damals mit ihrer Familie in Kleve. „Meine Mutter musste mit uns Kindern von Kleve nach Xanten fliehen“, berichtet sie, „Kleve war Frontgebiet.“ Die Deiche wurden gesprengt, die Stadt war ein Trümmerhaufen, die kleine Gerda sah tote Soldaten auf der Straße liegen: „Diese Bilder kriegt man nicht aus dem Kopf“.

Eine Schulklasse aus Meerbusch war so betreten, dass zunächst nicht viele Fragen gestellt wurden. Doch der Lehrer lud Gerda Stevens in die Schule ein. „Die Klasse war sehr gut auf das Thema vorbereitet und hat mir später einen schriftlichen Bericht über ihr Unterrichtsprojekt zugeschickt“, freut sich die Zeitzeugin.

Ein Schüler aus Oppum fragte Frau Stevens: „Können Sie Brot wegwerfen?“ Hintergrund war der auffallend sorgsame Umgang des eigenen Opas selbst mit schimmligem Brot. Für Gerda Stevens absolut verständlich: „Ich kann auch kein Brot wegwerfen.“ Wer einst hungerte und Kartoffelschalen essen musste, hat da eine Sperre.

Soziologische Studien zeigen, dass die Generation der Kriegskinder ihre seelischen Traumata unbewusst an die folgende Generation weiterreichte. Einer der Gründe, warum in der deutschen Gesellschaft das Unsicherheitsgefühl so groß ist.

Insofern hat Gutowski mit seinem Projekt in Krefeld ein wichtiges Diskussionsthema gefunden. „Vor 40 Jahren wurde darüber nicht offen gesprochen“, kann er sich gut erinnern, „die deutschen Opfer des Krieges galten als nicht themenrelevant.“ Doch nur sprechen hilft, Schweigen ist keine Lösung.

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In dem Zwei-Personen-Stück „Kriegskind“ erinnert sich eine Altenheimbewohnerin an ihre Kindheit im Krieg. Vorstellungen sind am 3. und 4. Mai um 10.30 Uhr sowie am 5.,6. und 7. Mai um 19.30 Uhr. Nach jeder Vorstellung stehen Zeitzeugen zum Gespräch bereit. Schulklassen können sich geschlossen anmelden.

Eintritt: 18 Euro, Schüler: 7 Euro, Schulgruppen ab 20 Personen: 6 Euro. Infos: www.theaterhintenlinks.de

Tel.: 60 21 88.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)