Jungfernfahrt mit Oloid-Antrieb
Ruhrort Schon in den 1930er Jahren hat Erfinder und Bildhauer Paul Schatz Versuche zu einem Schiffsantrieb mit dem von ihm entdeckten Oloid angestellt — in der eigenen Badewanne. Jetzt wurden erstmals Personen in einem Boot auf dem Wasser mit Oloid-Antrieb bewegt.
Es vibriert ein wenig, wenn sich die beiden Oloide in Bewegung setzen. Wie Rührquirle stecken sie im Wasser. Die von zwei 300-Watt-Batterien angetriebenen Motoren surren nur leise. Auszubildende von ThyssenKrupp haben den Antrieb angefertigt, Ophardt-Maritim hat das nötige Boot zur Verfügung gestellt. Am Anleger des Ruhrorter Schiffsmodulbauers fand am Sonntag die Jungfernfahrt statt, zugleich ein Beitrag zur Ausstellung, die diese und weitere Erfindungen von Paul Schatz im Binnenschifffahrtsmuseum als Beitrag zu den diesjährigen Akzenten beleuchtet.
Das Oloid ist ein geometrischer Körper, der von Paul Schatz (1898—1979) entdeckt wurde, als er Untersuchungen zur Umstülpbarkeit geometrischer Formen, insbesondere des Würfels anstellte. Sein Enkel Tobias Langscheid führt diese Entwicklung anhand mehrerer Modelle sehr anschaulich vor und wirkt dabei fast wie ein Prediger. Tatsächlich war Paul Schatz auch Anthroposoph; zur Ausstellungseröffnung ist auch eine Lehrerin von einer Waldorfschule in Essen angereist, die während ihres Studiums in Basel mit dem Oloid und anderen Ideen von Paul Schatz in Berührung kam. Im Wort Oloid steckt das griechische "holos" für "ganz, vollständig"; Schriftstücke in der Ausstellung zeigen, wie Paul Schatz die zeitgenössische Wissenschaft und Industrie von seinem ganzheitlichen Ansatz zu überzeugen versuchte.
Ein Oloid hat keine Ecken, zwei Kanten, ist ansonsten glatt und besitzt ganz spezielle Eigenschaften. Die Bewegung gleicht der einer Fischschwanzflosse. Sogenannte Oloid-Rührer werden zum Umwälzen und Belüften etwa für die Wasseraufbereitung eingesetzt. In der Aquaristik, in Teichen und der Fischzucht haben Oloide eine positive Wirkung auf die im Wasser lebenden Organismen. Als Schiffsantrieb ist die Technologie weitaus schonender als hochtourige Propellerschrauben. "Für Paul Schatz war es wichtig, von der Natur nicht nur zu nehmen, sondern dabei auch etwas zurückzugeben", erklärt Tobias Langscheid.
Von Paul Schatz entdeckt und weiterentwickelt in den 1930er Jahren, wurden erste Versuche mit dem Oloid-Antrieb erst 2011 an der TU München unternommen — allerdings nur mit einem Modellboot. Tobias Langscheidt, Enkel von Paul Schatz: "Das habe ich zur Bedingung für die Ausstellung gemacht, das etwas Neues entwickelt wird." Es sei unglaublich schwer, mit einer neuen Idee Gehör zu finden, weiß Langscheid — auch, wenn die Idee eigentlich schon alt ist. Paul Schatz war gebürtiger Deutscher und Jude, in den 1930er Jahren Gott sei dank schon in der Schweiz, aber die Zusammenarbeit mit Firmen kam spätestens mit Beginn des Zweiten Weltkriegs zum Erliegen.
Ingenieur Ingo Hiersche von Opphardt-Maritim wirkt noch nicht so richtig sicher, ob er mit dem Oloid-Außenborder jetzt wirklich den Antrieb der Zukunft fährt. Immerhin aber ist jetzt nicht nur die Idee, sondern auch eine konkrete, weiterentwickelbare Umsetzung in der Welt.