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Die alte Eiche steht nicht mehr

Die alte Eiche steht nicht mehr

Bereits seit Jahren ist ein Neubaugebiet an der Rheinberger Straße in Budberg geplant. Die Infrastruktur hierfür wurde mittlerweile geschaffen. Im Vorfeld mussten dazu, wie im Bebauungsplan angegeben, bereits etliche Bäume, Büsche und Sträucher weichen.

Mit großem Interesse wurde die gesamte Entwicklung des Baugebiets auch von den Anwohnern beobachtet. Und schnell stellte sich bei einer Bürgerversammlung im Sommer 2016 die Frage nach dem Erhalt der verbliebenen Bäume. "Die Verantwortlichen sagten damals, dass die Flächen jetzt zur Bebauung hergerichtet seien und die Bäume stehen bleiben würden", so Anwohnerin Ute Kleintges. "Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans, Stand Juli 2015, ist der Erhalt der Eichengruppe längst der Bahntrasse zur Zielsetzung erklärt und dementsprechend auch als Festsetzung formuliert worden", erläutert Franz Engelbert Wawrzyniak, der ebenfalls an der Grenze zum Neubaugebiet wohnt.

Umso erstaunter waren sie, als sie Mitte Februar auf einmal eine Markierung an einem weiteren Baum entdeckten. Hierbei handelte es sich um eine geschätzt 200 Jahre alte Eiche, die in einer Höhe von einem Meter über dem Erdreich über einen stattlichen Umfang von 2,97 Metern verfügt. Auf Nachfrage bei der Stadt sei Ute Kleintges mitgeteilt worden, dass sich nach der endgültigen Festlegung der Grundstücksflächen gezeigt habe, dass ein weiterer Baum gefällt werden müsse: "[...]Nun stellte sich heraus, dass die Baumreihe den Unmut vieler Kaufinteressenten auf sich zieht. An einigen Bäumen sind Pflegeschnitte möglich und ausreichend, auf besagtem Baugrundstück ist jedoch aufgrund der o.g. Entwicklung die Bebaubarkeit des Grundstücks stark eingeschränkt bis nicht gegeben. Das Baugrundstück ist jedoch öffentlich ausgeschrieben und per Losverfahren ein begünstigter Kaufinteressent ermittelt worden. Die Stadt Rheinberg sieht sich hier in der Verantwortung, die Bebaubarkeit des im Umlegungsverfahren zugeteilten und beworbenen Baugrundstückes sicherzustellen."

Ungünstig hinzu käme die lange Dauer des Bebauungsplanverfahrens, der heutige Kronendurchmesser übertrifft das dem Landschaftspflegerischen Begleitplan zugrunde liegende Maß um einige Meter. Der Entscheidung über die Fällung der Eiche läge eine gewissenhafte Prüfung über eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplanes und der bestehenden Baumschutzsatzung inklusiver artenschutzrechtlicher Prüfung zugrunde.

Rund 125.000 Euro Einnahmeverlust hätte die Stadt Rheinberg falls das Grundstück nicht verkauft werden würde, gab Beigeordneter Dieter Paus im Umweltausschuss an. "Ich finde es seltsam, dass sich die Stadt selbst eine Fällgenehmigung für einen Baum ausstellen kann, der auf ihrem Grundstück steht", wundert sich Ute Kleintges. Auch die Grünen in Rheinberg setzten sich für die Eiche ein und stellten einen Dringlichkeitsantrag. "Wir denken, dass es überfällig ist, das Verhältnis von Natur und finanziellen Interessen neu zu gewichten und den Naturschutz nicht ständig hinter Großprojekten wie Bau- und Gewerbeflächenausweisungen hinterher hecheln zu lassen. Sollte die Verwaltung hier einen Planungsfehler begangen haben, so ist sie allein für diese missliche Situation und den möglichen Einnahmeverlust verantwortlich", heißt es auf der Homepage der Fraktion. "Da es sich im Fall Rheinberg um die waldärmste Kommune in Nordrhein-Westfalen handelt, tut jede einzelne Baumfällung besonders weh. Nachdem schon in Sachen der Blaufichte am Stadteingang Rheinbergs die Verwaltung keine besondere Sensibilität hat walten lassen, steht nun in Budberg die Fällung einer stattlichen Eiche kurz bevor."

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Aller Einsatz war vergebens. Am vergangenen Donnerstag wurde die Eiche nun gefällt. Dies musste so zügig geschehen, da am 1. März die Schonzeit beginnt, dann beginnen die Vögel mit dem Nestbau. An die Vögel denkt auch Franz Engelbert Wawrzyniak: "Der gesamte Baumbestand ist Zufluchtsort vieler Vogelarten, selbst Greifvögel sind des öfteren zu sehen. Im Jahr 2015/2016 habe ich 100 kg, im Jahr 2016/2017, bis zum heutigen Tage 30 kg Vogelfutter verfüttert. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass so viele Bäume und Sträucher dem Neubaugebiet zum Opfer gefallen sind."

(Niederrhein Verlag GmbH)