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Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten

Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten

Viele Opfer sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt sind unmittelbar nach der Tat nicht in der Lage zu entscheiden, ob sie eine Strafanzeige erstatten wollen oder nicht.

Die traumatische Erfahrung, Scham, Angst und Abhängigkeiten spielen dabei oft eine Rolle, warum eine Frau ihren Peiniger nicht anzeigen will. Jetzt haben Betroffene die Möglichkeit, sich mit Hilfe der Anonymen Spurensicherung nach Sexualstraftaten (ASS) im Kreis Wesel den Schritt einer Anzeigenerstattung nach der Tat in Ruhe zu überlegen. Gleichzeitig können in einer Klinikambulanz oder einer Facharztpraxis Tatbeweise gerichtsverwertbar gesichert und deponiert werden.

In Kooperation mit den Krankenhäusern des Kreises Wesel organisierte der kreisweite "Runde Tisch gegen Häusliche Gewalt an Frauen und Kindern" am vergangenen Mittwoch erstmals eine Fortbildung für Ärztinnen und Ärzte zur ASS im Bethanien Krankenhaus. An dem Projekt nehmen neben dem Krankenhaus Bethanien, das St. Josef Krankenhaus Moers, das Marien-Hospital Wesel, das Ev. Krankenhaus Wesel und das St. Vinzenz-Hospital Dinslaken sowie niedergelassene Frauenärzte teil. Auch Beratungsstellen wie der Verein Frauen helfen Frauen und die Frauenberatungsstelle Wesel sowie Anwälte sitzen mit im Boot.

Petra Hommers, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Wesel und Vorsitzende des Runden Tisches gegen Häusliche Gewalt, nennt bedrückende Zahlen: "Jede zweite bis dritte Frau erlebt häusliche Gewalt in ihrem Leben, jede siebte Frau sexualisierte Gewalt. Um so wichtiger ist es, dass wir nun die ASS anbieten können."

Das sieht auch Dr. Peter Tönnies, Chefarzt der Frauenklinik Bethanien, so: "Es gibt nur ein kurzes Zeitfenster, um ein Gewaltverbrechen nachzuweisen. ASS erlaubt es Ärzten, Spuren mit Hilfe von iGOBSIS so zu sichern, dass sie später als Beweise vor Gericht verwendet werden können - ohne dass die Polizei eingeschaltet werden muss." Rechtsanwalt Tim Rathner erläutert: "Wenn eine Frau sich später entscheidet, Anzeige zu erstatten und keine Spuren gesichert wurden, hat es die Justiz schwer, die Täter zu verurteilen. Erschwerend kommt hinzu, dass Opfer sich, aus Nervosität oder weil sie sich nach einem längeren Zeitraum nicht mehr so genau erinnern können, in Widersprüche verwickeln."

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Die gesicherten Spuren werden zehn Jahre anonymisiert im Institut für Rechtsmedizin in Düsseldorf gelagert. Entscheidet sich in diesem Zeitraum die Frau für eine Anzeige, können durch ein Pseudonym die Akten zugeordnet werden. Die Polizei kümmert sich dann um die notwendigen Schritte. Die Spuren können als wichtiges Beweismittel dienen. Erfolgt keine Anzeige, werden die Spuren nach zehn Jahren vernichtet.

Wichtige Ansprechpartner für Betroffene sind neben den Ärzten auch die Beratungsstellen. Axana Getzlaff vom Verein Frauen helfen Frauen: "Neben der medizinischen Versorgung und der Spurensicherung geht es auch um Beratung und Betreuung. Wir können z.B. auch dabei helfen, eine Frau anonym unterzubringen."

Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen.

Kontakt:

Frauen helfen Frauen e.V., Uerdinger Straße. 23, 47441 Moers, Ruf: 02841-28600, frauenhelfenfrauenmoers@ t-online.de, www.frauenhelfenfrauenmoers.de
Frauenberatungsstelle der Frauengruppe Wesel e.V., Sandstraße 36, 46483 Wesel, Ruf: 0281/27990, Frauen-gruppe.wesel@t-online.de, www.frauengruppe-wesel.de

(Niederrhein Verlag GmbH)