1. Krefeld

Jugendliche Straftäter: Letzte Chance vor dem Abgrund

Programm gegen Jugendkriminalität : Sechs Meter Straftaten

Krefelder Polizei und Stadtverwaltung schließen eine Kooperation, um jugendliche Straftäter von einer Verbrecherlaufbahn abzuhalten. Das Projekt hat sich in anderen Städten schon bewährt.

Sechs Meter lang, ausgedruckt auf Papier, ist das Sündenregister eines jugendlichen Intensivtäters aus NRW. Fast 140 polizeiliche Eintragungen umfasst die Liste: Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung - alles dabei. Mit 8 Jahren hat seine kriminelle Laufbahn  begonnen.

„Es beginnt oft mit Bagatelldelikten“, beschreibt Krefelds Polizeipräsidentin Ursula Mecklenbrauck die Entwicklung solcher Fälle, „und steigert sich dann mit zunehmendem Alter zu immer schwereren Straftaten.“ Mit 15 Jahren Jahren ist der Jugendliche dann nicht selten ein sogenannter „Intensivtäter“.

Damit es dazu nicht kommt, haben Polizeipräsidentin Mecklenbrauck und Krefelds Stadtdirektor Markus Schön einen Kooperationsvertrag geschlossen: Gemeinsam engagieren sich Polizei und Stadt in dem NRW-Programm „Kurve kriegen“. Das ist ein pädagogisch begleitetes Vorbeugeprojekt, um straffällige Kinder vor einem weiteren Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren. 

35 Städte beteiligen sich inzwischen an dem Programm. Mit Erfolg: In den zehn Jahren, in denen das Projekt existiert, haben 40 Prozent der jugendlichen Teilnehmer keine weiteren Straftaten mehr begangen. Bei den meisten anderen konnte die Zahl der Straftaten um die Hälfte gesenkt werden - im Vergleich mit unbetreuten Jugendstraftätern.

Rezept ist eine jahrelange, persönliche Betreuung durch Pädagogen und Sozialarbeiter, mit Unterstützung der Jugendämter. Sie beinhaltet Freizeitaktivitäten, Nachhilfen oder auch Sprachkurse (rund 50 Prozent der Straftäter sind Ausländer). Zudem wird die ganze Familie eingebunden. Denn viele dieser Kinder stammen aus „kaputten“ Familien: Alkoholismus, Gewalttätigkeit und Verwahrlosung sind in diesen Familien keine Seltenheit. Die Kinder, die eigentlich selbst Opfer sind, reagieren mit Aggressivität.

Die Teilnahme am Programm „Kurve kriegen“ ist freiwillig. Die Sozialarbeiter sprechen die Eltern und den Jugendlichen direkt an. Bisher haben noch alle Eltern eingewilligt.

Rund 1000 erfolgreiche „Absolventen“ des Programms gibt es bereits in ganz NRW. Davon wurden nur zwei Prozent rückfällig.

Aktuell sind rund 600 Jugendliche im Projekt. In Krefeld sind es im Moment sechs Teilnehmer. Sie sind zwischen 12 und 14 Jahre alt.

Seit einem Jahr schon läuft das Projekt zwischen Polizei, Pädagogen und städtischen Ämtern auch in Krefeld. „Die Zusammenarbeit funktuioniert gut“, freut sich Melanie Gommans, die polizeilicherseits die „Kandidaten“ für das Programm vorschlägt, „die Wege in Krefeld zwischen den zuständigen Dienststellen sind kurz“.

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Eine deutliche Sprache sprechen auch die finanziellen Zahlen. Ein Teilnehmer an dem Vorsorgeprogramm kostet pro Jahr den Steuerzahler rund 11.000 Euro. Bei einem jugendlichen Intensivtäter hingegen beziffern sich alle Kosten auf durchschnittlich über eine Million Euro; die durchschnittlich 100 Opfer seiner Straftaten kommen noch hinzu.