1. Krefeld

Eine heitere Geschichtsstunde

Eine heitere Geschichtsstunde

In den historischen Räumen der alten Bibliothek der Liebfrauenschule Mülhausen fand vor kurzem eine besondere Lesung statt: Die beiden Autoren des Buches "Geschichte der Katholischen Volksschule in Mülhausen (Grefrath, Kreis Viersen)", Alfred Knorr und Heinrich Lennackers, hielten einen vorzüglichen, reich bebilderten Geschichtsunterricht.

Im Mittelpunkt des Abends stand selbstverständlich der Bildungsort Mülhausen. Seine Schulgeschichte begann 1660 mit Johann dem Schulmeister. Er unterrichtete in der Werkstatt während er am Webstuhl arbeitete. Sein Nachfolger war Peter Lisabeths, der im Dorf die Kaufverträge anfertigte. Der folgende Lehrer Grönings war gleichzeitig Leinenweber und —händler. Den Kindern wurde vom Webstuhl aus das Alphabet diktiert. In solchen Winkelschulen arbeiteten die Schüler auch schon mal mit. Das änderte sich um 1769, als Johann Engelbert Orth das erste gemeindliche Schulhaus und eine Dienstwohnung in Mülhausen erhielt.

Eine heitere Geschichtsstunde
Foto: Knorr

Herr Knorr wusste jeden einzelnen Lehrer zu benennen und die räumlichen und wirtschaftlichen Zustände seiner Zeit zu beschreiben.

 Alfred Knorr (Foto) und Heinrich Lennackers, hielten einen vorzüglichen, reich bebilderten Geschichtsunterricht.
Alfred Knorr (Foto) und Heinrich Lennackers, hielten einen vorzüglichen, reich bebilderten Geschichtsunterricht. Foto: Knorr

Die beginnende Epoche der Aufklärung förderte eine gute Lehrerausbildung und stellte hohe Ansprüche an den Amtsinhaber. So verordnete 1787 der Erzbischof zu Köln, dass zukünftige Lehrer einer Prüfung unterzogen wurden. Es gab bereits eine Erfolgskontrolle. So wurde der einst angesehene Lehrer Polmann 69jährig wegen mangelhaftem Schülerwissens von Pfarrer und Schulvorstand aus Oedt für untauglich erklärt und entlassen. Zum aufkeimenden Wettbewerb unter benachbarten Schulen trug auch das von den Eltern an den Lehrer zu zahlende Schulgeld bei.

1794 marschierten Napoleons Truppen in das linksrheinische Gebiet. Es gehörte nun zu Frankreich. Die napoleonische Regierung hatte kein Interesse an einer Bildung der Landbevölkerung. Die neu berufenen Beamten der Schulaufsicht konnten sich vor Ort durch den Bürgermeister vertreten lassen.

Da finanzielle Zuwendungen an die Gemeinden ausblieben, geriet auch das Schulsystem in eine Notlage. Rheinländer im Alter von 20 -25 Jahren mussten den französischen Wehrdienst leisten. Zwischen 1804 und 1814 starben 80.000 Mann. Die übrigen verbliebenen Lehrer mussten erneut eine Prüfung in französischer Sprache ablegen. Unser Chronist trug die Prüfungsfragen vor. Die Lehrer, die bestanden, wurden dann noch schlecht bis gar nicht entlohnt. Der bitter arme Lehrerstand wurde zum Gespött der Kinder. Herr Knorr schilderte das Schicksal des Lehrers Johann Wilhelm Forsthoff aus Kaldenkirchen. Fünf seiner Söhne wurden einberufen und verloren ihr Leben. Erst mussten in der Völkerschlacht bei Leipzig abermals 92.000 Soldaten sterben bis sich Napoleon aus Deutschland zurückzog.

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Die Geschichtsstunde wurde etwas heiterer, als öffentliches Turnen, die Rechenbeispiele des Lehrers Grönings, die Kartoffelkäfersammlungen sowie die präzisen Regeln der körperlichen Züchtigung zur Sprache kamen. Das Grammophon erklang und die Schulfeste lebten auf. Der Vortrag und die Fotoprojektionen näherten sich der Gegenwart. Das Publikum erinnerte sich an den Unterricht in der alten Volksschule in Mülhausen und identifizierte so manches Portrait auf den alten Klassenfotos. Im alten Klassenraum der Grundschule im Kloster berührte so mancher Bibliotheksgast im Gehen die eiserne Säule, die sich seit mehr als 100 Jahren schützend über die Köpfe der Schülerinnen und Schüler erhebt.