1. Moers Niederrhein

Uli Borowka über Alkohol im Profifußball beim Duisburger Landhaustreff

Uli Borowka beim 42. Landhaustreff : „Ich brech’ Dir gleich beide Beine“

Harter Hund, gefürchteter Eisenfuß, "die Axt": Uli Borowka war ein Fußballer, wie's sie heute gar nicht mehr gibt. Und schwerer Alkoholiker. Die gibt's heute noch, auch im Profisport. Es gibt nur keiner zu. Borowka redet darüber — ein außergewöhnlicher Landhaustreff.

Das war durchaus bizarr: Zum Empfang ein Prosecco, zur Vorspeise Lugana, zum Hauptgang Merlot — und zwischendurch, mittendrin: "Ich hab am Tag einen Kasten Bier, eine Flasche Wodka, eine Flasche Whisky weggetrunken." Erzählt Uli Borowka. Nach Siegen hat er gesoffen, nach Unentschieden auch, nach Niederlagen sowieso. Kippte um, baute Autounfälle, eine Polizeiakte "kurz vorm Einfahren", Gewalt gegen Teamkameraden und gegen die eigene Frau, Selbstmordversuch. Es war nicht die geringste Leistung von Uli Borowka und Moderator Manni Breuckmann, dass keiner der Gäste des 42. Landhaustreffs ein schlechtes Gewissen haben musste.

Es fing ja auch so gut an, mit Auberginen-Lasagne mit Büffelmozzarella, Basilikum und Pinienkernen und dann den Geschichten, die man hier so liebt. Wie Borowka den Bundesligadebütanten Olaf Thon empfing: "Wenn Du es wagst, die Mittellinie zu überschreiten, dann breche ich Dir beide Beine." Wie er nach ähnlichen Ansagen im Spielertunnel gegen Klinsmann und Andi Möller als Verteidiger seine Ruhe hatte. Von seinem Lehrmeister bei Borussia Mönchengladbach, Wilfried Hannes, "der hat mir gezeigt, wo man hintreten muss, damit's weh tut". Die vielen "Wunder von der Weser", im Nebel gegen Spartak Moskau und ein 5:3 nach 0:3-Rückstand gegen Anderlecht. Wie er dreimal den "kleinen Dicken" abmeldete, Diego Maradonna (u. a. bei Werder Bremens sensationellem 5:1 gegen den SSC Neapel). "Hauptsache, es fliegt einer: Ball oder Bein."

Beim Rücktritt aus der Nationalelf nach dem EM-Halbfinal-Aus gegen Holland '88, da war er schon "verpeilt". Zum Alkohol kam der Sohn von Gastwirten aus dem Sauerland, die ihn nie in die Kneipe ließen, während der Ausbildung zum Maschinenschlosser: "Heute trinkste mal einen mit." Der Gruppenzwang in der Werkstatt; der Wunsch, dazuzugehören. Und als Spieler dann Versagensängste. "Du kannst ja als harter Verteidiger nicht sagen: Ich hab auch Gefühle. Da kannst du auch gleich deine Papiere abholen." In Gladbach ging's noch, in Bremen dann war er definitiv Alkoholiker. Schaffte es aber fast immer pünktlich zum Training und im Hotel vorm Spieltag, einigermaßen nüchtern zu bleiben. Als ihn "mein bester Mitspieler und Freund Günter Herrmann" auf seine Sauferei anspricht, tritt Borowka ihn am nächsten Tag im Training um, dass er drei Tage nicht mehr aufsteht. Als er seinem Trainer Otto Rehhagel eine weitere Alkoholeskapade beichtet, entschuldigt dieser ihn vor der Presse mit "Magen-Darm". "Co-abhängig" hat Borowka das später genannt, "man macht das, weil man einen Menschen liebt und ihn schützen will, aber es ist das Falsche!" Zehn Jahre hat es danach gedauert, bis er und Rehhagel wieder miteinander sprachen.

  • Stefanie Schaefer (Die alte Buryja), Jussi
    „Jenufa“ im Theater Duisburg : Abgründe unter Trachtenkleidern
  • Maditha Dolle spielt die Eliza Doolittle
    „Pygmalion“ im Schlosstheater : My fair Lady und die Klassenschranken
  • Die Hauptweiche in Rheinhausen⇥Foto: duisport
    Bilanz mit Aussicht : Hafen stellt weiter Weichen

Sucht — Alkohol, Drogen, Spiel —, das macht und sagt Borowka ganz deutlich, ist ein gesellschaftliches Problem: "Es ist doch so: Wenn in unserer Gesellschaft einer Leistung bringt, dann darf er auch mal vom Stuhl fallen." Bis heute ist Uli Borowka, seit neunzehn Jahren trocken und erfolgreich als Buchautor wie als Vermittler für Wege aus der Sucht, für den DFB kein Ansprechpartner. "Das ist da kein Thema. 'Wir haben ja kein Problem'." Borowka wird weitermachen und weiter aufklären, allein schon weil er weiß: "Ich bin gefährdet bis ans Lebensende." Zur Entspannung spielt er jetzt halt Golf — genau so, "wie ich Fußball gespielt habe ..."

Zwischen dem formidablen Rinderfilet mit Champignons und Trüffel und dem exzellent gelungenen Schokotörtchen an Vanilleeis hätte Manni Breuckmann sich vielleicht die Ansage verkneifen sollen, dass er Nito Torres "schon nackt gesehen" habe (als Darsteller im Ebertbad-Dauerbrenner "Ganz oder gar nicht" nämlich). Jedenfalls konnte man da einen Comedian tatsächlich baden gehen sehen. Schwamm drüber, ab jetzt schießt sich Sozi Breuckmann auf den nächsten Landhaus-Talk-Gast ein: CDU-Innenminister Herbert Reul.

(Niederrhein Verlag GmbH)