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Literaturprogramm der 40. Duisburger Akzente: Utopien zum Mitsingen

Literaturprogramm der 40. Duisburger Akzente : Utopie zum Mitsingen

Das Literaturprogramm zu den 40. Duisburger Akzenten nimmt das Thema Utopien ernst und einen großen Sohn Duisburgs in den Blick. Gregor Gysi ist schon ausverkauft.

Gerade erst haben die Ruhrfestspiele ihr kommendes Programm bekanntgegeben und darin der Literatur deutlich mehr Platz eingeräumt, erklärt Jan-Pieter Barbian, Leiter der Duisburger Stadtbibliothek; auch die "Lit.Ruhr" habe ja schon zweimal gezeigt, dass man mit Lesungen große Räume füllen kann. Wenn auch möglicherweise die 150 Kartenkäufer vor allem an der Person Gregor Gysi interessiert sind und erst in zweiter Linie an seiner Autobiografie "Ein Leben ist zu wenig" (27. März). Die allerdings hat es in sich; schon seine Eltern gehörten zu den schillerndsten Persönlichkeiten der DDR-Intelligenzija; Gregor Gysi selbst hat Utopien kommen und gehen sehen und weiß als Inhaber eines Pilotenscheins auch recht plastisch von politischen "Höhenflügen" zu berichten.

Den Auftakt des Akzente-Literaturprogramms macht ein sehr guter Bekannter: Christian Brückner, letzten Oktober 75 geworden, liest aus den "Wegen zu sich selbst" des römischen "Philosophenkaisers" Marc Aurel. Es sind Notizen aus den letzten zehn Jahren seiner Herrschaft, und sie vereinen, wie Barbian erklärt, zwei Utopien: dass Macht, Geist und Menschlichkeit zusammenkommen, zweitens dass sich das Ich mit der Welt versöhnt. Brückner habe "sofort zugesagt", weil das ein Text sei, mit dem er sich schon sehr lange beschäftigt. Das wiederum ist ein Grund zur Vorfreude bei dieser wohl besten Stimme deutscher Sprache. "Was mich an Christian Brückner fasziniert, ist seine Textsicherheit", sagt Barbian und meint, dass Brückner sich einen Text eben wirklich zu eigen machen kann.

Am 21. März — die Akzente leiten ja auch den Frühling ein — geht's weiter mit Michael Kleebergs "Idiot des 21. Jahrhunderts". Angelehnt an Goethes "West-Östlichen Divan" beschreibt Kleeberg in zwölf Kapiteln Religionen weltweit und wie sie miteinander auskommen (könnten): die Utopie der Gewaltfreiheit.

Thea Dorn möchte am 25. März Patriotismus und Stolz auf Deutschland nicht den Rechten überlassen: "deutsch — nicht dumpf" versteht sich als Leitfaden für aufgeklärte Patrioten und will die Vaterlandsliebe mit Werten wie Liberalität, Zivilität und Weltoffenheit verbinden. Da weist Barbian darauf hin, dass ja bei den Europawahlen eine Mehrheit der populistischen Rechten droht.

Sascha Reh war schon hier, als er den Literaturpreis Ruhr gewonnen hat für "Gegen die Zeit". Am 1. April kommt er in seine Geburtsstadt mit "Aurora", einer etwas anderen Weihnachtsgeschichte. Die Utopie einer harmonischen Ehe mit Kindern — Sascha Reh, "der natürlich nicht von der Literatur leben kann" (Barbian), ist im Hauptberuf Familientherapeut.

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"Sing deine Rechte" heißt es am 3. April mit dem Duisburger Chorleiter Axel Christian Schullz. Die Texte für diesem Mitsingabend liefert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, gerade 70 Jahre alt geworden, und "allein die Titel der 30 Grundrechtsartikel machen deutlich, dass es sich noch um eine Utopie handelt", sagt Barbian. Damit möglichst Viele sie kennenlernen, ist hierzu der Eintritt frei, es werden aber wegen der begrenzten Plätze im Stadtfenster ab sofort Einlasskarten ausgegeben.

Als "erster Beitrag seiner Geburtsstadt" schließt das Literaturprogramm mit einer Tagung am 5. und 6. April über Nicolas Born, 1937 in Duisburg geboren und früh — 1979 — verstorben. "Es wäre schön, wenn man auch mal für die Literatur jemanden aus Duisburg herausheben könnte", wünscht sich Jan-Pieter Barbian. Angesichts des Programms könnte das, angesichts der Bedeutung Borns sollte das gelingen.

Literaturprogramm der Stadtbibliothek zu den 40. Duisburger Akzenten: Alle Veranstaltungen in der Zentralbibliothek im Stadtfenster, Steinsche Gasse 26, Karten im Vorverkauf (5 bis 9 Euro) dort.

(Niederrhein Verlag GmbH)