1. Moers Niederrhein

„Wir waren immer die Gejagten“

„Wir waren immer die Gejagten“

"Spitzenreiter! Spitzenreiter!" Seit dem neunten Spieltag führte der MSV Duisburg die Liga an — bis zum Schluss. Auch deshalb, weil immer dann, wenn der MSV strauchelte, auch die Verfolger schwächelten.

"Wir spielen dominant auf Ballbesitz." Die Ansage von Trainer Ilia Gruev wird schon am ersten Spieltag der Drittliga-Saison 2016/17 ganz gut umgesetzt: Gegen den SC Paderborn, Mitabsteiger aus Liga zwei, gibt's zum Auftakt ein 1:0. Auch die nächsten Spiele sind torarm: In Osnabrück sichert Torhüter Mark Flekken mit einem Hackentreffer zum 1:1 in der 94. Minute einen Punkt, genauso lautet auch das Ergebnis in Münster. Deutlich zeichnet sich jetzt schon der Trend zum Meidericher Minimalismus ab. Das 4:0 gegen die Mainzer Reserve bleibt eine Ausnahme und bis zum letzten Spieltag der höchste MSV-Sieg.

Im DFB-Pokal gibt's das unglückliche Aus in der ersten Runde durch ein 1:2 nach Verlängerung gegen Union Berlin, dafür heißt es nach dem folgenden fünften Spieltag erstmals: Spitzenreiter! 2:1 siegen die Zebras beim 1. FC Magdeburg, geben die Führung am siebten Spieltag aber nochmal ab nach der ersten Saisonniederlage in Wiesbaden (3:0), holen sie sich mit einem 1:0 am neunten Spieltag in Erfurt zurück und behalten sie von da an bis zum Schluss.

Erfreulich ist von Anfang an die Breite des Kaders: Andy Wiegel und andere haben ihre Seuchensaison hinter sich, Gruev kann fast immer aus dem Vollen schöpfen und freut sich über die Konkurrenz innerhalb des Teams.

Nur beim Toreschießen drängt sich keiner vor. Vom zwölften bis zum 15. Spieltag schießt der MSV vier Spiele lang kein Tor. Doch die anderen wollen auch nicht; Osnabrück zieht zwar an Spieltag 16 nach Punkten gleich, doch die Betonmischer aus Meiderich haben die um ein Tor bessere Differenz. Und gehen nach weiteren Siegen in Lotte und gegen Köln sowie einer Punkteteilung in Zwickau mit zwei Punkten vor Magdeburg in die Winterpause. Elf Mannschaften haben bis dahin mehr Tore als der MSV (21) geschossen und nur sechs weniger, mit fünf Treffern ist Zlatko Janjic bester Torjäger der Zebras, steht damit in der Torjägertabelle nur auf Platz 15. Der Catenaccio macht sich bezahlt: Nur elf Gegentore, so wenige wie kein anderes Team, und die wenigstens Niederlagen, nämlich ganze zwei. "Wir stehen zu recht da oben", resümiert Sportdirektor Ivo Grlic zur Liga-Halbzeit und erklärt nochmal in aller Deutlichkeit: "Klar wollen wir aufsteigen! Und wenn wir weiter so stabil sind, dann bin ich guter Dinge, dass wir auch da oben bleiben."

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Eitel Sonnenschein jedenfalls im Wintertrainingslager Almancil, das bei Temperaturen bis 20 Grad und einer Woche lang wolkenlosem Himmel über Portugal mindestens ein Frühlingstrainingslager ist. Die Stimmung in der Mannschaft ist ausgezeichnet, auf Wintertransfers wird verzichtet.

Der Rückrundenauftakt wird überschattet von Trauer: Michael Tönnies ist am 26. Januar überraschend verstorben, der Sieg in Paderborn und auch das erste Rückrundenheimspiel gegen Osnabrück (2:2) stehen ganz im Zeichen der Erinnerung an den Tornado.

Irre Schlussphase gegen Preußen Münster: Erst egalisiert Bomheuer das 1:2 kurz vor Schluss, dann macht Fabian Schnellhardt in der 94. mit dem Sonntagsschuss der Saison aus 20 Metern noch den Heimsieg klar. Neben den Nullnumern und 1:0-Siegen gehören Last-Minute-Punkte zu den weiteren Kennzeichen der Zebras. "Wie oft wir in dieser Saison nach Rückstand zurückgekommen sind und die Spiele noch gedreht haben — das habe ich so noch nicht erlebt, das ist schon Wahnsinn", befand etwa Andreas Wiegel.

Erneut schießt der MSV aber erstmal vom 24. bis 27. Spieltag viermal hintereinander kein Tor und profitiert erneut von der Schwäche der Gegner. Nach dem (guten) 0:0 gegen Magdeburg mit toller Stimmung in beiden Blöcken an der Wedau beträgt der Vorsprung auf Relegationsplatz drei satte zehn Punkte. Er schmilzt nach Niederlagen gegen Wiesbaden und in Kiel, erst beim erneut spektakulären 3:2 gegen Erfurt wacht der MSV wieder auf.

Als Aprilscherz entpuppt sich, dass im Falle des Aufstiegs ein Großsponsor aus Singapur beim MSV einsteigt und die Zebras dafür zu Tigern werden müssen, neue Farben Schwarz-Gelb inklusive ...

Gegen den FSV Frankfurt und Ex-Trainer Gino Lettieri kann nach 0:2-Pausenrückstand noch einmal spektakulär ein Spiel gedreht werden, doch wie in so vielen Spielen beginnt auch in der Schlussphase der Saison das große Zittern beim MSV: Niederlage in Aalen, nur ein Punkt gegen Lotte, und jetzt marschieren die Verfolger. Vorm vorletzten Spiel beträgt der Vorsprung auf Kiel noch einen einzigen Punkt.

Fest in weiß-blauer Hand ist das Südstadion, als am 13. Mai Wiegel, Onuegbu und Brandstetter den 3:0-Auswärtssieg und damit den Aufstieg bei Fortuna Köln klarmachen."Wir waren diese Saison immer die Gejagten", sagte Gruev vorm letzten Heimspiel. Keine Mannschaft hat häufiger gewonnen, keine Mannschaft so wenige Spiele verloren — der MSV stand und steht zurecht an der Spitze. Und die Gejagten ließen sich bis zum Schluss nicht einholen.

Nach einem kurzen "Trainingslager" auf Mallorca und einem erneuten Rückstand läuft im letzten Heimspiel gegen den FSV Zwickau dann alles entspannt und rund, zweimal Wiegel, Hajri, Onuegbu und Wolze machen den finalen und höchsten Saisonsieg und damit auch Platz eins und die Meisterschaft perfekt. Auch die Nachricht, dass für die Lizenz noch eine Million fehlt, kann die Feierlaune nicht mehr trüben, denn die Stadt könnte bei der Stadionmiete entgegenkommen, und mit 7,5 Millionen Mehreinnahmen in der kommenden Saison können Ingo Wald und Peter Mohnhaupt deutlich entspannter in die nötigen Gespräche mit den Gläubigern gehen.

Entscheidender dürfte sein, dass mit dem so oder so knappen Finanzrahmen eine Verstärkung des Kaders gelingt. Verlassen kann sich der MSV dagegen auf seine Fans, die trotz nicht immer glanzvoller Spiele ihrem Spielverein die Treue gehalten haben und für durchschnittlich 14.179 Besucher pro Spiel in der Schauinsland-Reisen-Arena sorgten — zweitbester Schnitt der Liga. Wunder erwartet niemand an der Wedau, aber wenn man sieht, wozu das Team mit befreitem Kopf fähig ist, sollte man vielleicht darüber nachdenken, Malle nicht nur einmal im Jahr sein zu lassen ...

(Niederrhein Verlag GmbH)