1. Krefeld

Ballettabend von Robert North: Wechselbad starker Gefühle

Ballettabend von Robert North : Wechselbad starker Gefühle

Ein Wechselbad starker Gefühle erlebt das Publikum des neuen Ballettabends "Tangonacht plus..." im Krefelder Stadttheater. Zur Premiere erhielten Tänzer und Musiker begeisterten Applaus.

Ungewöhnlich lang ist der neue Ballettabend von Choreograph Robert North, über zwei Stunden. Aber sauber unterteilt. Der erste Akt ist schottischen Tänzen gewidmet. Bereits nach knapp einer halben Stunde werden die Zuschauer in die Pause geschickt. Der zweite Akt zeigt ein russisches Szenario aus der Welt des Malers Marc Chagall. Danach folgt die zweite Pause. Dann der Höhepunkt: die titelgebende Tangonacht, ein Liebeskrimi, der im tödlichen Messerkampf endet.

So deutlich wie die Akte wechseln auch die Stimmungen. Ausgelassene Fröhlichkeit verströmt die Rhythmik der flotten schottischen Tänze. Das Tanzensemble feiert in karobesetzten Kostümen vor optimistisch heller Lichtkulisse seine jugendliche Lebensfreude.

Die Chagall-Fantasie im zweiten Aufzug überzeugt durch historisierend erzählte Geschichten, wobei die Tänzer individuell gekleidet sind und jeweils eigene Charaktere vermitteln.

Schwermütig und dunkel hingegen kommt das Tango-Stück daher.

Sucht man bei diesen drei so verschiedenen Einaktern nach einem roten Faden, so liegt dieser in einem ur-romantischen Ansatz: Die Kunstfertigkeit entwickelt sich jeweils aus tief verwurzelten Volkstraditionen. Das hat durchaus auch eine politische Dimension: Keine Kultur ohne Identität, aber der Identitäten sind viele.

In einem früheren Ballettabend unter dem Titel "Verlorene Kinder" zog Robert North den bunteren Teil nach einem traurigen Auftakt mit Absicht nach hinten, um die Zuschauer nicht in depressiver Stimmung nach Hause zu entlassen. Diesmal jedoch strukturiert er anders. Am Schluss des Abends steht nun der tödliche Streit der Liebespaare in aggressiv-dunkler Tango-Manier. Faszinierend in seiner tänzerischen Leistung, aber auch bedrückend, was sich schon im Titel "Stunde Null" ankündigt.

Unterstützt von hervorragender Musik, die im Mittelteil sogar live auf der Bühne gespielt wird, liefert die Krefelder Tanzcompagnie einen eindrucksstarken Abend, der die Zuschauer einem Wechselbad entgegengesetzter Gefühle aussetzt - und gerade dadurch nachhaltige Wirkung entfaltet.

(StadtSpiegel)