1. Krefeld

25 Jahre NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer: Ort der Erinnerungskultur

25 Jahre NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer : Ort der Erinnerungskultur

Am 24. November 1991 öffnete die NS-Dokumentationsstelle in der Villa Merländer ihre Türen. Sie vermittelte seitdem vielen tausend Besuchern ein Bild des Lebens in Krefeld unter dem Nationalsozialismus und der Leiden der NS-Opfer.

Rückblick: 1986 stellte der damalige Krefelder Oberstadtdirektor Dr. Alfred Dahlmann erstmals die Frage, ob Krefeld mit einem Mahnmal oder einer Gedenkstätte an die unter den Nazis Verfolgten und Ermordeten erinnern sollte.

25 Jahre NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer: Ort der Erinnerungskultur
Foto: jps

Der Spitzenbeamte und die Ratsfraktionen sprachen sich für die Einrichtung einer Dokumentationsstelle aus und beauftragten die Verwaltung damit, ein Konzept zu erstellen.

Aber wo sollte diese Stelle angesiedelt werden? Im November 1989, neun Tage vor der Maueröffnung, hatte die Stadt das Haus Bernau an der Friedrich-Ebert-Straße 42 angemietet, um dort Spätaussiedler unterbringen zu können.

Doch dann wurden im Haus bedeutende Wandgemälde des Künstlers Heinrich Campendonk entdeckt, und es wurde klar, dass das Haus selbst ein Symbol der Geschichte Krefelds im Nationssozialismus war. Die Spur seines Erbauers, des Seidenhändlers Richard Merländer, verliert sich bei einem Transport ins Vernichtungslager Treblika.

Für Politik und Verwaltung war klar: Dieses Haus war der richtige Ort für ein NS-Dokumentationszentrum. Doch am Anfang gab es buchstäblich nichts: Keine Exponate, kein Konzept, keine Übersicht, welche Unterlagen Auskunft geben könnten.

Für die Leiterin der Villa Merländer, Dr. Ingrid Schupetta, und Mitarbeiter Burkhard Ostrowski begann eine intensive Zeit der Archivarbeit und Zeitzeugen-Befragungen, die bis in die USA führten.

Großen Rückhalt hatten sie beim Zeitzeugen Aurel Bilstein. Der als Kommunist von den Nazis verfolgte Schlosser begann nach seinem Berufsleben mit der Erforschung der Tätigkeit der Gestapo in Krefeld und veröffentlichte eine der ersten Lokalstudien über die NS-Zeit.

Die Villa Merländer eröffnete dann im November 1991 mit einer Ausstellung über Krefelds jüdische Friedhöfe. In den Folgejahren holte man immer wieder Sonderausstellungen ins Haus, während die Ausstellung in der Villa Gestalt annahm und seitdem immer weiter wuchs.

Heute geben die Räume einen Eindruck vom Leben in Krefeld unter dem Nationalsozialismus, und das mit Eindrücken für alle Sinne. Aus einem Volksempfänger-Radio tönen Rede-Fragmente von Nazi-Größen, an den Wänden hängen Bilder, die Geschichten erzählen. Größtes Foto ist eine Aufnahme der durch Bomben weitgehend zerstörten Krefelder Innenstadt.

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Auf Knopfdruck können sogar Gerüche abgerufen werden, etwa der Brandhauch einer Bombennacht. Im Luftschutzkeller lässt sich die Beklemmung der Schutz Suchenden nachempfinden.

Rund 2000 Schüler zwischen 14 und 16 Jahren besuchen die Villa Merländer jährlich - ein schwieriges Alter. Die Ausstellung ist darauf ausgerichtet. Viele Exponate darf man anfassen, Schubladen aufziehen, Knöpfe drücken.

Über ihre Dauerausstellung und Vorträge erreicht die Gedenkstätte aber auch viele Erwachsene .

Die Villa Merländer profitiert vom Einsatz vieler Krefelder. Da gibt es zum einen den äußert aktiven Förderverein, zum anderen enge Kontakte zu jüdischer Gemeinde, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Geschichtswerkstatt und dem Verein für Heimatkunde.

"Wir stehen auf den Schultern bürgerschaftlichen Engangemens", sagt Dr. Schupetta

"Die Villa Merländer ist nicht nur eine Verwaltungseinrichtung. Sie ist aus der Stadtgesellschaft entstanden und wirkt in diese zurück", so Kulturdezernent Gregor Micus.

Und wie geht es weiter mit der Villa? Kulturbüro-Leiter Jürgen Sauerland-Freer betont die Verantwortung, Erfahrungen auch nach dem Verschwinden der Zeitzeugen-Generation weiterzugeben. "Krefeld hat keinen anderen Ort, wo Stadtgeschichte so erlebbar wird, wie in diesem Haus", ergänzt Micus.

Wie die Ausstellung in 25 Jahren aussehen wird, mögen die Gründer nicht zu sagen. Es geht wohl in Richtung Digitalisierung. Denn inzwischen hat die Villa mehr Besucher auf ihrer Homepage als Menschen, die sich die Ausstellung vor Ort ansehen.

Eine Feier wird es erst im März geben, dann wird auch der Förderverein der Villa Merländer 25 Jahre alt.

Der Eintritt in die Villa Merländer ist übrigens frei.