1. Krefeld

Dienst an Kindern - und sich selbst

Dienst an Kindern - und sich selbst

Immer mehr Jugendliche absolvieren ein soziales Jahr, bevor sie sich für Beruf oder Studium entscheiden. Wir besuchen Freiwillige an ihrem Einsatzort.

„Ohne die Freiwilligen könnten wir unser Betreuungsangebot für Schüler mit körperlichen Behinderungen nicht aufrechterhalten“, unterstreicht Diplom-Sozialpädagogin Ulrike Seidenfaden.

So erfahren Sandy und Robin einmal aus erster Hand, wie die Montessori-Grundschule am Minkweg ihren Dienst wertschätzt.

Die beiden 19-Jährigen absolvieren ein Freiwilliges Soziales Jahr bzw. den Bundesfreiwilligendienst. Jeden Morgen holen sie ihre gehbehinderten Schützlinge an der Bushaltestelle ab und fahren sie mit ihren Rollstühlen ins Schulgebäude. Wickeln und Hygienemaßnahmen sind dann bereits Routine. „Im Unterricht unterstützen wir die Schüler auch bei ihren Aufgaben“, wendet sich Sandy dem abwechslungsreicheren Teil ihres Dienstes zu:

„Im Kunstunterricht helfe ich schon mal beim Ausschneiden filigraner Formen“. Denn manche körperlichen Behinderungen ziehen mangels Bewegungsmöglichkeiten auch Defizite in räumlicher Wahrnehmung nach sich.

Nicht weniger wichtig ist die seelische Stütze. „Nach den Hausaufgaben gehe ich mit den Kids schon mal ein Eis essen oder wir spielen im Garten“, berichtet Robin von seinen nachmittäglichen Hausbesuchen. Natürlich entwickeln sich dabei Gespräche über Gott und die Welt - und zuweilen auch über die Behinderung selbst. „Ich habe zu Kelly eine tolle Beziehung“, verweist Sandy auf die aufgeweckte Viertklässlerin neben ihr, „wir haben viel Spaß miteinander, führen aber auch schon mal ganz ernste Gespräche.“

Weil die Chemie zwischen den Kindern und ihren Betreuern stimmen muss, haben die Schüler auch ein Mitspracherecht bei der Auswahl: „Wir nehmen die Kinder eben ernst“, bekräftigt Ulrike Seidenfaden. Drei Schnuppertage räumt die Schule den Bewerbern für den Freiwilligendienst ein. Dann geben Lehrer, Sozialpädagogen und auch die Grundschüler ihre Voten ab.

Sandy und Robin hatten „bestanden“. Nun läuft das Jahr der beiden Fachabiturienten langsam aus. Robin bereitet sich auf ein Studium der „Sozialen Arbeit“ in Nimwegen vor. Dafür kann er die Pluspunkte, die er an der Montessori-Schule gesammelt hat, gut gebrauchen. Sie steigern seinen Notendurchschnitt. Auch Sandy hat an Persönlichkeit gewonnen. Sie lässt sich zur Physiotherapeutin ausbilden; ein Beruf, der viel menschliches Einfühlungsvermögen verlangt.

Die Montessori-Grundschule hat übrigens schon körperbehinderte Kinder erfolgreich in ihre Klassen integriert, als es den Begriff „Inklusion“ noch gar nicht gab. Acht Plätze vergibt sie jedes Jahr an Praktikanten des Freiwilligen Sozialen Jahrs oder des Bundesfreiwilligendienstes. Der Dienst wird vergütet und dient vielen Jugendlichen als Phase der persönlichen Orientierung zwischen Schulabschluss und Berufsweg. So ist beiden Seiten geholfen: den behinderten Kindern und den jungen Betreuern selbst.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)