1. Krefeld

Interview: „Ich bin skeptisch, wie aussagekräftig die Tests sind“

Interview : „Ich bin skeptisch, wie aussagekräftig die Tests sind“

Als HNO-Ärztin mit eigener Praxis am Bockumer Platz hat Dr. Susanne Wagener viel Erfahrung mit Viruserkrankungen der Atemwege. Wir sprachen mit der Medizinerin über die Auswirkung der Corona-Pandemie auf ihren Berufsalltag.

Frau Dr. Wagener, wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihre Praxis aus?

Wagener: Sie ist geradezu entvölkert. Das Wartezimmer ist fast leer. Viele Patienten haben ihre Termine abgesagt.

 Verfügen Sie in Ihrer Praxis noch über ausreichend Schutzkleidung?

Wagener: Ja. Wenn ein Patient zu uns kommt, bei dem der Verdacht einer Corona-Infizierung besteht, wird er durch einen separaten Eingang in einen speziellen Raum geleitet. Dort erscheine ich vermummt im Schutzanzug und nehme den Abstrich vor. Nachdem der Patient den Raum wieder verlassen hat, wird der Raum komplett desinfiziert.

Nehmen Sie den Corona-Test selbst vor?

Wagener: Nein, ich schicke den Abstrich an unser Labor.

Warum, es gibt doch Test-Kits?

Wagener: Der Test im Labor ist mir sicherer. Der Corona-Test wurde im Hauruck-Verfahren eingeführt. Normalerweise sind für solche Tests lange Vorstudien üblich. Ich bin deshalb skeptisch, wie aussagekräftig die Ergebnisse dieses Tests sind.

Wie verhält sich ein möglicher Patient richtig, wenn er Husten oder Halskratzen bekommt und nicht weiß, ob es Corona ist?

Wagener: Bei Unsicherheit einfach in der Praxis anrufen und die Symptome schildern. Dann kann man die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Erkrankung eingrenzen. Ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dann bitten wir in unseren separaten Abstrichraum.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit Virus-Erkrankungen anderer Art?

Wagener: Wir haben in jedem Jahr im Zeitraum von Januar bis März einen steilen Anstieg von Influenza-Infizierten, also Grippe-Erkrankten. Allein im letzten halben Jahr gab  es 120.000 Influenza-Infizierte. Davon sind bis jetzt ca. 200 Personen verstorben. Also weitaus mehr als am aktuellen Corona-Virus.

Bedeutet das, Sie halten die Corona-Pandemie für nicht so schlimm?

Wagener: Natürlich ist das Corona-Virus sehr ernst zu nehmen. Vor allem für Senioren und Vorerkrankte. Doch die meisten Infizierten gesunden auch wieder. Wenn die Grippe umgeht, bleiben nicht betroffene Patienten auch nicht zu Hause und lassen ihre Erkankungen anderer Natur unbehandelt.

Das Corona-Virus ist neu und es gibt kein Mittel dagegen.

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Wagener: Das Corona-Virus gibt es seit vielen Jahren. Nur verändern Viren laufend ihre genetische Struktur und damit ihr Gefährdungspotenzial für uns Menschen. Das ist auch der Grund, warum jedes Jahr eine andere Zusammensetzung des Grippe-Impfstoffes nötig ist. Vor zwei Jahren hat sich der Impfstoff als nicht optimal wirksam für die veränderten Influenza-Viren erwiesen. Wie gegen die meisten Viren existiert zur Zeit kein Medikament zur Behandlung einer Coronainfektion, aber die Forschung läuft hier auf Hochtouren.

Haben Sie Sorge, sich bei dem engen Kontakt mit virenerkrankten  Patienten selbst anzustecken?

Wagener: Ich komme seit Eröffnung meiner Praxis tagtäglich mit virusinfizierten Menschen zusammen. Meist geht es gut. Manchmal habe ich mich auch schon infiziert. Dann wurde ich krank und bin auch wieder gesund geworden.

Halten Sie die staatlich angeordneten Vorsichtsmaßnahmen, wie die Vermeidung von sozialen Kontakten, dennoch für richtig?

Wagener: Die Maßnahmen sind nachvollziehbar. Wichtig ist es, den Kontakt zu Infizierten zu meiden.  Abstand zu anderen Menschen zu  wahren. Die Viren werden über Husten und Niesen übertragen. Auch Gegenstände, die angehustet wurden, können die Viren tragen. Deshalb sollte man sich stets die Hände gründlich waschen und sich vor dem Waschen nicht ins Gesicht oder an die Nase fassen. Auch über Augenreiben können die Viren in den Körper eindringen.

Wie lange, schätzen Sie,  wird der Ausnahmezustand noch andauern?

Wagener: Eine Grippewelle nimmt mit steigender Außentemperatur im Frühling erfahrungsgemäß ab. Bei dem Corona-Virus fehlen uns die Erfahrungen.