1. Moers Niederrhein

Raus mit euch, Teil 3: Kurz bevor der „Tender Blaster“ offiziell an den Start gegangen ist, gab’s eine kleine Test-Session. Wir waren dabei...: Hoch oben über dem Tenderingssee

Raus mit euch, Teil 3: Kurz bevor der „Tender Blaster“ offiziell an den Start gegangen ist, gab’s eine kleine Test-Session. Wir waren dabei... : Hoch oben über dem Tenderingssee

Ich hab Angst. Und zwar vollkommen zurecht. Gleich werde ich zum ersten Mal geblastet. Per Luftkissen geht es in wenigen Sekunden gefühlte zehn Meter (wahrscheinlich sind es "nur" sieben) in die Höhe.

Und vor allen Dingen wieder zurück in Richtung erbarmungslose Wasseroberfläche. Die "Tender Blaster"-Saison ist eröffnet. Yes!!!

 Selfie der etwas anderen Art: Mike Lawniczak wird erst in Richtung Stratosphäre geblastet und drückt dann im richtigen Moment den Auslöser. Die Flugposition sollte ihm allerdings zu denken geben....
Selfie der etwas anderen Art: Mike Lawniczak wird erst in Richtung Stratosphäre geblastet und drückt dann im richtigen Moment den Auslöser. Die Flugposition sollte ihm allerdings zu denken geben.... Foto: Foto: Mike Lawniczak

Hinter mir beginnt das Exekutionskommando, bestehend aus Basti Schur, Tobi Hülsen und Ben Perdighe (vermutlich mit garstigem Grinsen auf den Lippen), mit dem Countdown. Können sich jetzt schon das Lachen nicht verkneifen, die kleinen Säcke. Weil sie genau wissen, was gleich passiert: Ein adrenalingeschwängerter, vollkommen orientierungsloser Penzel wird in die Luft geschossen und schlägt, vermutlich nicht ganz elfengleich, im warmen Wasser des Tenderingssee ein. Und so kommt es natürlich auch. Hinter mir höre ich das geifernde Trio "drei, zwei, eins.." jubeln. Die Jungs springen, annähernd synchron, von einem Sprungturm aus etwa drei Meter Höhe auf das Ende eines überdimensionalen Luftkissens. Davon bekomme ich allerdings nichts zu sehen, denn das Ganze passiert fünf Meter hinter mir. Ich warte, trügerisch eingelümmelt in beruhigend gelb schimmerndes PVC, am vorderen Ende des Luftkissens aufs Fallbeil. Aber es kommt nicht sofort. Sondern mit rund einer halben Sekunde Verzögerung. Die Luft braucht einfach ein wenig für den Weg durch das Kissen. Zeit genug, um einen kurzen, fatalen Moment in Sachen Körperspannung nachzulassen und dann, vollkommen unvermittelt, in Richtung Stratosphäre katapultiert zu werden.

Kurz nach dem Take Off probiere ich zu erfassen, was hier gerade überhaupt passiert. Das geht so semi gut. Meine Ohren rauschen, das Adrenalin randaliert im ganzen Körper und ich hab keine Ahnung, was ich tun soll? Relativ schnell wird mir jedoch klar, dass ich mich in einer überschaubar guten Position für einen Einschlag befinde. Leicht nach hinten gekippt. Gar nicht gut. Also, Kopf nach hinten wegklappen, Hohlkreuz machen und irgendwie probieren, aus dem Ganzen noch so eine Art Rückwärtssalto zu basteln. Denn ein Rückenplatscher aus acht Metern braucht nun wirklich keiner. Bastis Kollege Lars kann ein schmerzhaftes Lied davon singen...Wie auch immer. Die Drehung klappt. Nur leider ist das Wasser früher da als mir lieb ist. Ich tauche mit allem, nur nicht mit den erhofften Fußspitzen, ins Wasser ein. Und rechne mit dem schlimmsten. Aber: nichts. Adrenalin, diese astreine Erfindung der Biochemie, ist mein Freund und Helfer. Trotz unsanfter Landung auf Gesicht, Brust und Oberschenkeln spüre ich keinen Schmerz. Ich tauche auf, schreie die Anspannung raus — und kraule schnell in Richtung Sprungturm.

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Ich will nochmal! Erst sind aber die anderen dran. Der "Tender Blaster" funktioniert nur im Team. Wer sich blasten lassen möchte, muss vorher als Katapult parat stehen. Das wiederum hat den entscheidenden Vorteil, dass es garantiert nicht weht tut und ungefährlich ist. Wichtig ist dabei nur, dass diejenigen, die vom Sprungturm aus für den Impuls sorgen, gleichzeitig ins Kissen springen. Sonst wird es für den Springer am vorderen Ende noch schwieriger, die Kontrolle in der Luft zu wahren. Einer, der das bereits nach wenigen Sprüngen zur Perfektion getrieben hat, ist Hauke. Der Mann hat's verdammt nochmal drauf. Rückwärtssalto, Vorwärtssalto, Superman-Posen — alles mit Körperspannung, Übersicht und sauberer Eintauchphase. "Ich hab 15 Jahre Kunstturnen gemacht", verrät mir Hauke. Das kann vermutlich nicht schaden, denke ich mir und staune über Haukes lupenreine Backflips. "Na dann, jetzt weiß ich ja, worum es geht", lüge ich mir in die Tasche. Versuch Nummer zwei, gleiches Ergebnis. 80 Prozent Drehung sind halt nicht 100 Prozent Drehung.

Es folgen noch drei weitere Versuche. Viel besser wird's nicht. Sitzt man zu weit vorne, fliegt man auch nur nach vorne. Zu weit hinten sitzen ist keine Option, dann landet man auf dem Kissen. Beim letzten Sprung will ich vom Absprung weg in Rückwärtssalto-Position gehen — mit fast fatalem Ausgang. Es wird alles, nur kein Rückwärtssalto. Und ich schaffe es nur mit viel Mühe, so zu landen, dass es nicht ganz so furchtbar weh tut.

Allerdings darf man sich nicht blenden lassen. Wer sich blasten lässt, wird leiden. Zu fast 100 Prozent. Die Schmerzen haben sich nur kurz zurückgezogen. Am nächsten Morgen entfalten sie ihre ganze Wirkung. Handgelenk: verstaucht. Nacken: überdehnt. Oberschenkel: beide blau und grün. Laune: spitzenmäßig. Jetzt mal ohne Flachs: Das Ding ist alle Schmerzen dieser Welt wert. Und es kann an sonnigen Wochenenden im Strandbad Tenderingssee zum überschaubaren Preis ausprobiert werden. Seit vergangenem Wochenende ist der "Tender Blaster" offiziell in Betrieb. Und am kommenden Sonntag, 9. August, steht auch schon gleich das Highlight auf dem Programm: die "Tender Blaster Championship 2015". 12 Teams kämpfen um Ruhm, Ehre und coole Preise. Die Teams bestehen aus drei Mitgliedern. Zwei blasten, einer fliegt. Jedes Team springt drei Mal.

Wer das mit besonders viel Style, Höhe und Ausdruck hinbekommt, wird von den fünf Judges vermutlich auch dementsprechend bewertet. Die vier besten Teams stehen im Finale und springen den Sieger aus. Garniert wird das Ganze mit astreiner Musik und spaßiger Moderation von KobraBen himself. Noch können sich mutige Flieger anmelden. Und für alle anderen gilt: Hingehen, zuschauen, anfeuern, Kühlakkus reichen! Es wird nämlich ein verdammt gutes, aber wohl auch schmerzhaftes Event, so viel steht jetzt schon fest...

Zur Information: Wenn das Wetter am Sonntag ganz fies wird, wird die ganze Sache um eine Woche auf den 16. August nach hinten geschoben.

(Niederrhein Verlag GmbH)