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Bemerkenswerte Kies-Runde: Starkes Statement gegen Kiesabbau

Bemerkenswerte Kies-Runde : Starkes Statement gegen Kiesabbau

Diese Woche lud die Stadt Neukirchen-Vluyn zu einer ganz besonderen Pressekonferenz ein: Mit Ingrid Otte, Bernd Böing, Ralf Eccarius, Ulrich Geilmann und Ralf Köpke hatte sie beinahe 80 Jahre Verwaltungserfahrung zusammengetrommelt, um gemeinsam ein weiteres Zeichen gegen die Auskiesungspläne des Regionalverband Ruhr zu setzen.

von Claudia Basener

In Neukirchen-Vluyn wäre kaum mit Widerstand zu rechnen. Bürgermeister Ralf Köpke erinnert sich noch ziemlich genau an diese Einschätzung, die der RVR und die Kiesindustrie damals geteilt hätten: „Da haben die sich wohl getäuscht!“ Neukirchen-Vluyn steht auf. Und steht zusammen. Denn der Widerstand läuft parteien- und institutionenübergreifend. Bürgerinitiative, die Mahnwache der Familie Nolte, die beiden Heimat- und Verkehrsvereine, der AS Neukirchen-Vluyn, der Erziehungsverein und und und – alle ziehen an einem Strang: „Ein Großteil der Bevölkerung akzeptiert die Pläne des RVR nicht“, so das Stadtoberhaupt.

Kiesabbau ist nicht erst seit gestern Thema in Neukirchen-Vluyn. Aktuell ist das Weidmannsfeld Auskiesungsgebiet. 49 Hektar umfasst diese Fläche, elf weitere Hektar sind genehmigt und dürfen bis 2029 abgegraben werden. Das muss reichen! Gegen alle weiteren Flächen und die neue Regionalplanung werde man sich - solange keine Entscheidung im andauernden Rechtsstreit um die Bedarfsberechnung der Kiesindustrie vorliegt - mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren, kündigt Ulrich Geilmann, Technischer Dezernent seit 2015, an. Im März sollte sich etwas im laufenden Verfahren tun, es stünden Erörterungsgespräche an. So oder so ist Geilmann überzeugt: „Wir werden für alle Flächen gute Gründe liefern, warum diese nicht stattfinden sollen.“

Ingrid Otte, Erste und Technische Beigeordnete a.D., hatte in ihrer Amtszeit 1991 bis 2007 mit dem Gebietsentwicklungsplan 1999 zu tun, der zu den Abgrabungen im Weidmannsfeld führte. Sie ist mit der Thematik und den jahrelangen Auseinandersetzungen also vertraut. Ja, Kies werde gebraucht. Auf diese unvermeidbare Menge müsse der Bedarf reduziert werden. Doch: „Man nimmt das, was in den letzten Jahren gebraucht wurde, zieht vielleicht noch das, was in den Auskiesungen vorhanden ist ab, und das rechnet man mal 25 (Anm: Der Bedarfszeitraum wurde auf 25 Jahre festgelegt) und hat dann den Bedarf, der der Fläche nachgewiesen werden soll. Das kann doch nicht sein.“ Außerdem könne nicht für den Bedarf des Ballungsraumes des RVR alleine der Niederrhein herhalten. Ganz zu schweigen davon, dass einiges exportiert werde und nichts mit dem Bedarf vor Ort zu tun hätte.

Der Nutzen für die Menschen vor Ort ist auch bei Bernd Böing, Bürgermeister a.D., Amtszeit 1999-2009, Thema. Der Bergbau hätte auch Belastungen mit sich gebracht, aber viele Neukirchen-Vluyner hätten dort ihren Arbeitsplatz gehabt und daher sei die Akzeptanz immer hoch gewesen, vergleicht er und sagt: „Beim Kiesabbau dagegen gibt es keinen Vorteil für unsere Stadt, nur Nachteile für Mensch und Umwelt.“ Es sei zum Beispiel sehr viel für die Entwicklung der Halde Norddeutschland getan worden, doch wenn die Auskiesung kommt, würde das den dort entstandenen Freizeitwert deutlich mindern.

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Ralf Eccarius, Erster und Technischer Beigeordneter a.D., Amtszeit 2007-2013, zuvor als Leiter des Planungs- und Vermessungsamtes und zusätzlich als Leiter des Bauordnungsamtes tätig, kennt sich mit Planungsprozessen aus – und ist sichtlich entsetzt darüber, wie hier geplant wurde: „Planung ist immer auch eine Abwägung der unterschiedlichen Flächenansprüche. Der aktuelle Entwurf zum Regionalplan lässt dies zum Thema Auskiesung vermissen.“ Wie könne man nur einen Bedarf durchschlagen lassen, was sei mit den anderen Bedarfen fragt er und zählt auf: Energie, Solar, Windkraft, ökologische Landwirtschaft, Natur-, Landschafts- und Hochwasserschutz. „180 Hektar alleine für Kies – da kommt doch kein Planer drauf, das ist eine politische Vorgabe, die letztendlich das gesamte Planwerk gefährdet.“ Es gebe daher nur eine Lösung: eine sinnvolle Konfliktmanagementstrategie. Die Flächenausweisung des Kieses müsse zurückgestellt und der übrige Regionalplan rechtswirksam werden, erst dann sollte das Thema in Ruhe und sachlich abgearbeitet werden.

Würde der Regionalplan durchgesetzt, kommt es – nach einigen weiteren verwaltungstechnischen Schritten - letztendlich auf die Eigentümer der Flächen an. Wenn niemand seine Fläche der Kiesindustrie zur Verfügung stellt, kann auch kein Kies abgebaut werden. „Ich kenne keinen Fall, in dem zu Gunsten der Kiesindustrie enteignet worden wäre“, so Geilmann. Die drei Flächen, um die es in Neukirchen-Vluyn geht, verteilen sich auf rund 40 Eigentümer, zu denen auch welche mit ganz kleinen Parzellen gehören. Mit der überwiegenden Anzahl hat Bürgermeister Ralf Köpke bereits gesprochen und habe immer wieder gehört: „Wir werden nicht verkaufen.“ Dies sei hoffentlich auch der Fall, wenn die Kiesindustrie mit lukrativen Angeboten um die Ecke kommt. Für einige strategische Flächen, die zum Beispiel genau in der Mitte liegen, prüft die Stadt daher die Möglichkeit, diese selbst zu erwerben.

Save the dates:
Am 11. März findet in der Kulturhalle eine Bürgerinformation zum Thema statt.
Für den 21. März ist ein dezentraler Aktionstag mit allen Initiativen geplant. Mehr Infos folgen.