1. Moers Niederrhein

Schöne Bescherung: Mehrheitskooperation geplatzt

Schöne Bescherung : Mehrheitskooperation geplatzt

Die Fünferkooperation im Rat der Stadt Moers ist Geschichte: Grafschafter und die PARTEI ziehen sich zurück. SPD, Grüne und Linke haben keine Mehrheit mehr.

Zwei Böllerschüsse noch vorm Jahreswechsel: Zeitgleich um 12 Uhr mittags kündigen am letzten Dienstag die jeweils zweiköpfigen Fraktionen der „Grafschafter“ und der „PARTEI“ ihren Rückzug aus der Mehrheitskooperation im Rat der Stadt Moers an; SPD (16), Grüne (9) und Linke (2) bleiben mit 27 von 54 Sitzen und damit ohne Mehrheit zurück.

Nach Meinung der Grafschafter hat die bisherige Kooperation in den letzten zwei Jahren ihres Bestehens zu wenig für Moers auf den Weg bringen können - und das Wenige auch noch zu langsam. Obwohl sie intensiv daran gearbeitet hätten, hätten die Grafschafter die Erwartungen ihrer Wählerschaft nicht komplett erfüllen können. Auch die zunehmende Nähe von SPD und Grünen zur Moerser Stadtverwaltung anstatt in Richtung Bürgerschaft wird kritisiert. „Uns ist bewusst, dass es in Zeiten der weltweiten Pandemie, der Klimakrise und aufgrund der Folgen des Überfallkrieges zu gewissen Stillständen kommen kann, jedoch ist dies nur bis zu einem bestimmten Grad tolerierbar“, so Claus Peter Küster, der Fraktionsvorsitzende der Grafschafter. „Auch und gerade in Krisenzeiten sind wir als Kommunalpolitik gefordert, nicht nur zu reagieren, sondern vielmehr zu agieren, um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten.“

 Die beiden Ratsmitglieder der Grafschafter Astrid Schulze und Claus Peter Küster
Die beiden Ratsmitglieder der Grafschafter Astrid Schulze und Claus Peter Küster Foto: privat

„Die primären Gründe sind natürlich das Buhlen um den Platz in den Geschichtsbüchern, das Füttern der eigenen Egos und machttaktische Vorwehen des Wahlkampfs 2025“, schreiben die Satiriker der PARTEI zu ihrem Rückzug, haben aber auch „sekundäre Gründe“: „Nach zwei Jahren 5er-Koop hat sich in Moers bewegt: nichts. Es gab ein Papier mit Zielen, mit dem wir uns abgesehen aller satirischen Aspekte identifizieren konnten. Davon wurde die Fachstelle für Demokratie verwirklicht und die Existenz dieses Papiers dann vergessen“, heißt es in der Mitteilung der Fraktion. Die Frage, wie die weiteren in dem Papier festgehaltenen Ziele denn nun verfolgt würden, habe bei SPD und Grünen zu großer Verwunderung geführt. Die SPD-Spitze bestehe aus „Verwaltungshandpuppen“; die Grundhaltung sei: „Wenn die Verwaltung etwas nicht will, kann man ja nichts machen.“ Es fehle das Bewusstsein, „dass da der Schwanz mit dem Hund wedelt“. Die Moerser Grünen seien „untergegangen im Meer der mangelnden Unterscheidbarkeit, außer dass sie noch komplizierter und anstrengender sind als die früheren Volksparteien“. Effektiv werde Moers von einer Verwaltung regiert, deren Handeln von Formalismus und übergroßer Vorsicht geprägt sei, so die PARTEI: „Nur wenn es darum geht, den Rat Männchen machen zu lassen, blitzt echte Klasse auf.“

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Die beiden Grafschafter äußern sich zuversichtlich, „aus der Opposition heraus und dann mit wahrscheinlich offenen Mehrheiten, vieles mehr und dabei schneller und besser für MOers bewirken zu können“, und nennt als Beispiele die Weiterentwicklung des Gebietes Kohlenhuck etwa als Standort für die Erforschung und Produktion von grünem Wasserstoff, ein Kinder- und Jugendparlament, die baldige Durchführung eines eintrittsfreien, niederschwelligen und barrierefreien Parkfestes und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Carsten Born und Carsten Müller, zusammen die Fraktion der PARTEI, nehmen erstmal nur Abschied. „Insgesamt sehen wir hier im Kleinen genau das, was Deutschland im Großen in den Sinkflug bringt“, schreiben sie und gestehen, dass ihnen das vorher hätte klar sein können. „Jedenfalls: Für uninspirierte Realsatire und das Durchwinken von Stillstand sind wir nicht zu haben.“