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Ein Tag für Bob Andrews

Ein Tag für Bob Andrews

„Mobilität im Wandel“ ist das Motto beim diesjährigen Tag der Archive. Die acht Duisburger Archive präsentieren sich am Sonntag im Gemeindehaus Ruhrort. Bei dem Thema darf eine Carrerabahn natürlich nicht fehlen.

„Recherchen und Archiv“ hat Bob Andrews von den drei Fragezeichen auf seiner Karte stehen. Nicht das spannendste Ressort, mag man meinen, aber wenn man ehrlich ist: Neben Klugscheißer Justus Jonas und Angsthase Peter Shaw ist Bob der Coolste. Was vielleicht mit der Liebe zur Zeitung von gestern zu tun haben mag: Wer Geschichte und Geschichten der Vergangenheit kennt, lässt sich von der Hysterie der Gegenwart nicht so leicht anstecken.

Lauter coole Typen gestern bei der Terminvorstellung auf dem Haniel-Speicher: Die „Bob Andrews“ von den acht Duisburger Archiven. Alle zwei Jahre wird bundesweit der Tag der Archive durchgeführt, in Duisburg am Sonntag, 6. März, von 12 bis 17 Uhr im Gemeindehaus Ruhrort, Dr.-Hammacher-Straße 6.

Mit den Akzenten , die dort ebenfalls vertreten sind, teilt der Archivtag quasi das Thema, dockt doch „Mobilität im Wandel“ unmittelbar an „ 300 Jahre Hafen “ an.

Ein- und Auswanderung ist ein großes Thema. So werden Dokumente aus dem Haniel-Archiv die Emigration zahlreicher Arbeiter der Zeche Rheinpreußen nach Ohio nachzeichnen. Das Binnenschifffahrtsmuseum zeigt zum Teil drastische Darstellungen der Auswanderermassen im 19. Jahrhundert, die per Binnenschiff zu den Seehäfen und von dort weiter nach Amerika strömten. „In der derzeitigen Situation sicher nicht ganz verkehrt, daran zu erinnern“, so Dr. Bernhard Weber.

Ebenfalls aus dem Archiv seines Museums kommen drei Filme, die um 1940, in den 80ern und 2011 die Entwicklung der Duisburg-Ruhrorter Häfen festhalten.

Eisenbahnen spielten auch für den Hafen schnell eine große Rolle; Ruhrort wurde früh schon an die Cöln-Mindener Eisenbahn angeschlossen. Davon erzählen Archivalien aus dem Landesarchiv, das außerdem Hochbaupläne zum Duisburger Hauptbahnhof und zum Bahnhof Hochfeld-Süd mitbringt. Das Stadtarchiv beleuchtet dazu die Geschichte der Trajektverbindung. Dank der beiden Türme, von denen nur noch der Homberger steht, wurden vor dem Bau der ersten Rheinbrücke zwischen Ruhrort und Homberg jährlich bis zu 300.000 Waggons übergesetzt. Der professionelle Rezitator Rolf-Peter Kleinen wird um 14 Uhr außerdem Reiseerzählungen aus den Beständen des Stadtarchivs vortragen, beginnend mit Johannes Corputius’ (der mit dem berühmten Stadtplan) Bericht von seiner Ankunft in Duisburg 1562 über einen Brief des französischen Komponisten Maurice Ravel („Bolero“), der 1905 angesichts der Schlote von Hamborn aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, bis zur wehmütigen Reportage eines Journalisten aus den 1970er Jahren, der in Ruhrort das Ende der alten Schifferseligkeit beobachtet. Als besonderes Schmankerl steuert das Stadtarchiv einen Verkehrsfilm aus der Zeit um 1930 bei. „Das hat schon was von ’Der 7. Sinn’’“, berichtet Dr. Andreas Pilger, „aber im Unterschied dazu hat man damals kurz vor dem Unfall abgebrochen. Und die Dimensionen des Verkehrs waren andere: Da fährt nur ein Auto ...“

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Von Kapitalflüssen erzählt das Thyssen-Krupp-Konzernarchiv. Zahlreiche Hütten- und Bergwerke, etwa Phönix in Ruhrort und Meiderich, wurden mit französischem oder belgischem Kapital gegründet. Weitere Dokumente erzählen vom frühen Austausch von Know-how durch Duisburger Ingenieure, die im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in die USA reisten. Ganz nebenbei machen die Dokumente auch deutlich, mit welchem Aufwand damalige Reisen verbunden waren.

Dass Arbeit hier praktisch nie ohne Zuwanderung funktioniert hat, zieht sich wie ein roter Faden durch den Duisburger Tag der Archive. Vom Thyssen-Krupp-Konzernarchiv kommen Aufzeichnungen über Zwangsarbeiter in den 40er Jahren bis zu den ersten Gastarbeitern Anfang der 60er; das Archiv für alternatives Schrifttum aus Rheinhausen steuert deutsch-türkische Arbeiter-Zeitungen, Plakate, Buttons und Sticker bei.

Die Ausstellung im Gemeindehaus geht von 12 bis 17 Uhr, Die Filmvorführungen gibt es zwischen 12 und 14 und zwischen 15 und 17 Uhr. Führungen gehen vom Gemeindehaus aus ins nahe Haniel-Museum, zum Thyssen-Krupp-Konzern-Archiv an der Grenze Ruhrort/Laar und zum Binnenschifffahrtsmuseum. Außerdem gibt es am Sonntag einen Büchertrödel zu Gunsten der Hafenkids, Kaffee und Kuchen stehen bereit, für Kinderprogramm ist gesorgt – wobei die Carrerabahn wohl auch große Jungs glücklich machen wird. Ein bisschen sind wir doch alle Bob Andrews.

(Niederrhein Verlag GmbH)