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Ulle Schauws: "Die Gesetze der Realität angleichen"

Gespräch mit Krefelds Abgeordneter Ulle Schauws : “Die Gesetze der Realität angleichen“

Ulle Schauws vertritt Krefeld seit 10 Jahren im Bundestag. In ihrem Wahlkreisbüro am Karlsplatz plauderte die Grüne mit dem Extra-Tipp über Regierungspolitik, das Gendern und rheinisches Rübenkraut.

Seit die Grünen in der Bundesregierung das Familienministerium besetzen, hat die Krefelder Abgeordnete Ulle Schauws eine große Schippe Mehrarbeit: „Ich koordiniere die Abstimmung zwischen Ministerium und meiner Fraktion.“

Für diese verabtwortungsvolle Aufgabe bringt die Krefelderin fundierte Erfahrung mit. Fast zehn Jahre sind vergangen, seit sie das erste Mal in das Parlament an der Spree einzog. Inzwischen war Schauws kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, formuliert offiziell deren Familienpolitik und sammelte auch verwertbare Erfahrungen im Rechtsausschuss: „Da kann man Gesetze an die Realität der Familie angleichen.“ Also Patchworkfamilien oder gleichgeschlechtliche Elternschaft berücksichtigen. Dies ist bis heute ihre Herzenssache in der Politik geblieben. 

Deshalb bedauert die Abgeordnete, dass im stressigen Politikbetrieb zuweilen die formalen Anforderungen von Koordination und Abgleichung der Positionen einen großen Teil der Energie frisst. „Man muss Strategien entwickeln, den Kopf wieder frei zu bekommen“, sagt Schauws beim Rückblick auf ein Jahr Regierungsbeteiligung. Ihr persönliches Rezept: „Zwischen den Wegen von meinem Büro in den Ausschuss höre ich über Kopfhörer Musik.“ Zudem hat sie sich fest vorgenommen, wieder mehr Zeit zu kulturellen Genüssen herauszuschlagen. Ob´s klappt? „Auf eine Leidenschaft kann ich auf keinen Fall verzichten“, schmunzelt die verwurzelte Niederrheinerin, „das ist dreimal die Woche niederrheinisches Rübenkraut.“ Lecker. Das muss auch in Berlin möglich sein.

Den Part der Grünen in der Regierungskoalition sieht Schauws vor allem im Fortschrittsgedanken. So soll ein Einwanderungsgesetz die Hürden für beruflich qualifizierte Ausländer abbauen, gibt Schauws ein Beispiel. Auch die Abschaffung des Hartz IV-Systems begrüßt die Politikerin: „Hartz IV hat in der Gesellschaft Ängste vor dem Abstieg ausgelöst“. Die aktuelle Debatte um Sinn oder Unsinn des „Genderns“ in der Sprache sieht sie ganz gelassen: „Müssen muss hier niemand“, beruhigt sie den Teil der Bevölkerung, der weiterhin ohne Sternchen im Hauptwort sprechen und schreiben will. Sie selbst differenziere ihre Sprache schon lange nach männlichen und weiblichen Formen. „Mein Englischlehrer in der Schule sagte immer, eine Sprache ist dann tot, wenn sie sich nicht mehr verändert.“

Für Fortschritt kämpft Schauws nicht nur im eigenen Land. Als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit engagiert sie sich im afrikanischen Namibia für Verhütung und gegen Genitalverstümmelung bei Frauen. Und ist damit wieder bei ihrem Herzensthema, das sie einst überhaupt erst in die Politik brachte: Frauen und Familie.