1. Krefeld

Jugendtheater Kresch

Kresch-Chef Helmut Wenderoth im Gespräch : Politik und Poesie

Helmut Wenderoth studierte einst Theologie. Heute ist der Krefelder ein profilierter Vertreter im deutschen Kinder - undJugendtheater.

Regelmäßig fährt Helmut Wenderoth in das Städtchen Kirn im Hunsrück, um seine Eltern zu besuchen. Dort ist der Regisseur, Schauspieler, Autor und Interimsdirektor des Krefelder Kresch-Theaters aufgewachsen; war Messdiener, spielte im Schultheater, legte 1977 das Abitur ab. Dann zog es ihn in die Welt: Frankfurt, Dortmund, Berlin, Italien. Bis der examinierte Theologe und Germanist 1992 per Zufall in Krefeld landete, das Kresch mit aufbaute — und blieb.


Die Eltern sind inzwischen stolz auf ihren Sohn, der sich zugunsten seiner Theaterleidenschaft gegen eine Laufbahn als Studienrat entschieden hatte. Schuf Wenderoth doch gemeinsam mit seinen Kollegen, Vorgängern und Mitstreitern ein Theater, das in ganz Deutschland Aufmerksamkeit erregt: "Wir sehen Poesie und Politik als Verbindung”, bringt Wenderoth das Konzept auf den Punkt. "Eine unpolitische Poesie gibt es nicht", ist er überzeugt, "und Politik braucht immer auch Visionen.”


Poesie ist ein Schlüsselbegriff beim Kresch und zugleich ein Unterscheidungsmerkmal. "Als ich in Krefeld anfing, dominierte das Berliner Grips das deutsche Jugendtheater", erinnert sich Wenderoth, "deren Konzept ging eher in Richtung Sozialarbeit."


Mit Jugendtheater kam Wenderoth schon als junger Referendar an der Schule in Berührung. Seitdem war er vom Bazillus erfasst, nahm Schauspielunterricht und arbeitete in Lingen sogar mit dem US-Filmstar Whoopie Goldberg zusammen. Engagements an vielen Bühnen folgten. Der Lehrerberuf rückte in immer weitere Ferne. Geblieben ist aber das nützliche Fundament eines Didaktikstudiums: "Wir vermitteln den Jugendlichen unsere Themen anschaulich über fassbare Geschichten."


Und die einstmals betriebene Theologie schimmert ebenfalls noch im Programm des Kresch durch: "Wir wollen ein Provisorium für Zuversicht sein”, erklärt Wenderoth sein Theaterverständnis. Die ermutigende Botschaft an die Jugendlichen: "Man sollte die Möglichkeit, dass es trotz der vielen Probleme auch gut gehen kann, zumindest in Betracht ziehen."


Das Konzept kommt nicht zuletzt bei den Krefelder Schulen gut an. Das Verhältnis zu den Lehrern ist entspannter als früher. "Früher versuchten Lehrer und Theatermacher schon mal, sich gegenseitig die Welt zu erklären”, blickt Wenderoth zurück, "heute begegnen wir uns auf Augenhöhe.”

  • Kulturformat „Glasklar“ am Sonntagnachmittag : Benefizaktion in der Seidengalerie am Ostwall
  • Die Lage in Krefeld : Das Corona-Update
  • Rückkehr zum KEV 81 : „Schymmi“ ist zurück in Krefeld


Inzwischen ist der Regisseur, der etliche fremde Stoffe auf die Bühne gebracht hat, selber unter die Autoren gegangen. Sein aktuelles Stück "Ich bin kein Stadtmusikant” beschäftigt sich mit der Flüchtlingsproblematik. Auch privat ist der bekennende Christ in der Flüchtlingshilfe engagiert. Als Autor firmiert er aber unter einem Pseudonym: Jakob Nain. Der Künstlername drückt Wenderoths grundsätzliche Haltung aus: "Ja und Nein stehen im Leben und somit auch auf der Bühne stets nebeneinander.” Die Gegensätze zu einem produktiven Miteinander zu verbinden, ist geistige Aufgabe des jungen Publikums. Wenderoth hat es sich in seinen vielen Funktionen zur Aufgabe gemacht, dazu anzuregen. Wenn er am Wochenende wieder die Eltern im Hunsrück besucht, spricht er mit innerer Erfüllung über seine Arbeit in Krefeld.