1. Krefeld

Gelebte Demokratie im Kindergarten

Kita des Kinderschutzbundes : Moderne Demokratie-Erziehung

Eine Erziehung zur Demokratie kann schon sehr früh einsetzen. Zumal sie einhergeht mit den von der UNO verbrieften Kinderrechten.

Leonie nimmt den Stab. Er ist bunt, dünn und lang und an seinem Ende baumelt ein lustiger Plümmel. Nur wer den Stab in Händen hält, darf sprechen. Die anderen müssen zuhören. Das ist eherne Regel im Parlament der Kindertagesstätte „Pfiffikus“ am Wilmendyk.

„Das Kinderparlament haben wir schon vor 21 Jahren eingeführt“, erklärt Kita-Leiterin Iris Stachelhaus, „gleich bei der Eröffnung der Kita.“ Damit ist der Kindergarten, der vom Krefelder Kinderschutzbund betrieben wird, Vorreiter einer modernen Pädagogik, die in unseren Jugendeinrichtungen immer mehr Raum gewinnt.

„Die Kinder sollen Mitsprache bei der Gestaltung ihres Umfeldes und ihrer Aktivitäten erhalten“, begründet Erzieherin Dana Majster die kommunikative Grundhaltung der Pädagogik.

Heute geht es um die Abschlussveranstaltung zum Projekt „Märchen“. Die Kindergruppe hatte sich mit „Schneewittchen“ beschäftigt. Wie findet sie nun einen würdigen Abschluss des Projektes? „Ich möchte einen Spiegel basteln und wir könnten die Rollen aus Schneewittchen spielen“, schlägt Leonie vor, die im Besitze des Stabes ist. Dann reicht sie den Sprechstab weiter. Iris Stachelhaus meldet sich: „Wie wäre es mit einem gemeinsamen Frühstück“? Der Gedanke gefällt.

„Wir könnten essen, was Schneewittchen gegessen hat“, kommt der Vorschlag. „Ich möchte aber auch etwas anderes essen“, erfolgt prompt Widerspruch. Wieder wandert der Stab weiter. Waffeln werden vorgeschlagen, andere plädieren für Milchreis. Darüber muss abgestimmt werden, wie im „richtigen“ Parlament. Die Kinder malen auf ein Blatt mit gelbem Stift eine Waffel, auf ein anderes mit Blau eine Schale Milchreis. Einzeln werden sie nun aufgerufen, um eine Murmel auf das eine oder andere Blatt zu legen. Jeder muss sich entscheiden, wie in Parlamenten üblich. Ergebnis: 8 Stimmen für Milchreis, 5 für Waffeln.

Es geht in Wahrheit weniger ums Essen, als um die Form gelebter Demokratie. Eingeübt bereits im Kleinkinderalter.

„Die Kinder dürfen auch durchgängig mitreden“, unterstreicht Leiterin Stachelhaus. Es gibt kein zentrales Gesamtparlament mit festgelegtem Termin. Sondern jede der Kita-Gruppen stimmt je nach Anlass und Thema ab, zuweilen auch in gemischten oder altersspezifischen Gruppen. Wie es sich ergibt.

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Die Erzieherinnen legen dabei Wert auf „wertschätzende Kommunikation“. Die Sprachkultur soll den Umgangsformen entsprechen. Das gilt auch für die Erwachsenen: „Das Wort Nicht vermeiden wir“, betont Frau Stachelhaus, „wir formulieren statt dessen immer positiv.“ Also: statt „Nicht rennen“ heißt es hier: „Geh langsamer“.

In dieser Pädagogik spiegelt sich auch die Veränderung der Stellung des Kindes in unserer Gesellschaft wieder. Galten Kinder früher als Objekt der Erwachsenen, werden sie heute als eigenständige Subjekte begriffen.

Iris Stachelhaus hat die Paragrafen der internationalen Kinderrechte der UNO stets zur Hand. Da heißt es im Artikel 16: „Jedes Kind hat das Recht, dass es wertschätzend und respektvoll behandelt wird.“ Wer sollte dies ernster nehmen als gerade der Kinderschutzbund?