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Tönisberg: Die „entflügelte“ Windmühle

Tönisberg : Die „entflügelte“ Windmühle

Flügellos bietet die Kastenbockwindmühle in Tönisberg zur Zeit einen ungewohnten Anblick. Was steckt dahinter?

Das historische Bauwerk stammt ursprünglich aus dem 17. Jahrhundert, wurde immer wieder instandgesetzt (zuletzt 1968) und muss nun erneut saniert werden. „Großes Sorgenkind ist aktuell der Holzbock der Windmühle“, teilt die Stadt Kempen mit. Dieser Unterbau sei nach einer Standzeit von rund einem halben Jahrhundert inzwischen in die Jahre gekommen und bedürfe dringend einer Erneuerung.

Die Arbeiten sollen im neuen Jahr starten, und um den schadhaften Holzbock und den Mühlenkasten zu entlasten, wurden im Dezember im ersten Schritt die Windmühlenflügel demontiert. Später soll noch die Außentreppe mit dem Stert (langer Hebelarm zum Drehen der Windmühle in den Wind) und das Eingangspodest erneuert werden.

Bereits 1997 wurde eine Schieflage von etwa zehn bis 15 Zentimetern festgestellt: „Das liegt daran, dass sich nicht nur die Flügel, sondern auch weitere Bauteile der Mühlentechnik auf einer Seite befinden, was zu einer ungleichen Belastung führt. Durch eine Sicherungsmaßnahme konnte zumindest vorläufig verhindert werden, dass sich diese Neigung weiter verstärkt.“ Da jedoch der Bock der Mühle nicht mehr voll tragfähig ist, wurde eine zusätzliche Abstützung unter dem Mühlenkasten montiert. Durch die aktuelle Ausrichtung des Mühlenkastens ist die Kastenseite stark dem Wind ausgesetzt ist, wodurch zusätzliche Last auf den Mühlenkasten einwirkt. Künftig soll der Kasten so gedreht werden, dass dieser nur noch mit einer Ecke im Wind steht.

Die Bockwindmühle ist eines der bedeutungsvollsten Denkmäler der Stadt Kempen. Auf einer Anhöhe zwischen Kempen und Neukirchen-Vluyn stellt sie als eine der letzten vier Kastenwindmühlen am Niederrhein eine besondere Landmarke dieser Gegend dar.

Der Mühlenbetrieb wurde 1913 eingestellt. Während des Ersten Weltkrieges führte der für Notzeiten typische „Holzklau“ zu massiven Schäden an der Mühle. 1925 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Während des Zweiten Weltkrieges diente die Mühle jedoch als Beobachtungsposten der Flugabwehr, wobei eine Flak-Batterie mit Ausguck in das Mühlendach eingebaut wurde. Durch einen amerikanischen Granattreffer wurde die Mühle beim Einmarsch der Alliierten am 2. März 1945 gravierend beschädigt. Zusätzlicher Holzdiebstahl während der Nachkriegszeit erforderte eine erneute Instandsetzung, die 1949 vollendet wurde.

1968 wurde die Tönisberger Mühle komplett demontiert und fünf Jahre später wieder neu aufgebaut – unter Wiederverwendung möglichst vieler bereits vorhandener Bauteile. Im Zuge der Neugründung des Heimatvereins Tönisberg am 1. Juni 1998 wurde das Wahrzeichen erstmals für interessierte Besucher geöffnet und über Technik sowie Historie der Mühle informiert. Seitdem findet traditionell am Pfingstmontag der „Tag der offenen Mühle“ statt.