1. Krefeld

Nitratbelastung: „Wir müssen handeln. Und wir werden handeln.“

Nitratbelastung : „Wir müssen handeln. Und wir werden handeln.“

"Wir müssen handeln. Und wir werden handeln." Unter dieses klare Bekenntnis hat Landrat Dr. Andreas Coenen seinen Impulsvortrag zur Nitrat-Infoveranstaltung des Kreises Viersen gestellt.

Der Einladung waren 200 Besucher gefolgt, darunter überwiegend Landwirte, aber auch Mitglieder des Kreistags, der Umwltschutzorganisationen, Vertreter der Wasserwirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger. Gleich zu Beginn präsentierte der Landrat den Zuhörern einen Messbecher mit belastetem Grundwasser: "Es hat eine Nitratkonzentration von 430 Milligramm pro Liter — das ist fast neun Mal so hoch wie für Trinkwasser erlaubt. Unser Amt für Technischen Umweltschutz lässt gerade untersuchen, woher die Belastung stammt und wird dann weitere Schritte unternehmen."

Coenen stellte den Weg zum 5-Punkte-Plan des Kreises Viersen dar. Er ergebe sich aus den Erkenntnissen des Nitrat-Gutachtens, das die Kreisverwaltung in Auftrag gegeben hatte. "Das obere Grundwasserstockwerk ist im gesamten Kreisgebiet flächendeckend mit Nitrat belastet — teilweise sogar sehr deutlich." Deshalb richte der 5-Punkte-Plan sich vor allem an die Landesregierung. "Wir brauchen erweiterte Zuständigkeiten, damit es Kontrollen auch durch die untere Umweltschutzbehörde, also durch den Kreis, geben kann."

Der Landrat nannte es eine unbequeme Wahrheit, dass die Ziele der Wasserrahmen-Richtlinie im Kreis Viersen nicht erreicht werden könnten, selbst wenn sich alle Landwirte ans Düngemittelrecht hielten. Denn die freiwillige Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft gilt bis jetzt überwiegend in den Trinkwasser-Schutzgebieten. "Unser Grundwasser muss aber überall auf einen niedrigen Nitratwert gebracht werden. Die Lösung könnten zusätzliche Wasserschutzgebiete sein. Wir als Kreis Viersen sind bereit, mit diesen sachlichen und konkreten Vorschlägen voranzugehen. Wir werben ausdrücklich um Unterstützung in der Landespolitik und der Landesregierung."

"Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, für die stark belasteten Gebiete den Düngemitteleinsatz weiter zu beschränken." ergänzte Kreis-Umweltdezernent Andreas Budde. "Wir werben ausdrücklich bei der Landespolitik und der Landesregierung dafür, diese Möglichkeit für den linken Niederrhein zu nutzen.

Wie ernst die Lage ist, untermauerte Gutachter Frank Müller vom Aachener Ingenieurbüro ahu bei der Vorstellung der Ergebnisse des Gutachtens im Auftrag des Kreises. "Das oberste Grundwasserstockwerk ist weitflächig mit Nitrat belastet. Zum Teil verlagert das Nitrat sich schon in tiefere Grundwasserstockwerke", so sein Fazit. Dazu trügen zusätzlich die Importe von Gülle bei. "Deshalb braucht der Kreis alle relevanten Daten über den Gülleeinsatz in der Landwirtschaft, um seinen Aufgaben und Verpflichtungen in Bezug auf den Grundwasserschutz nachkommen zu können." Eine breite Akzeptanz und eine sachgerechte Diskussion in der Öffentlichkeit sei nur auf Basis transparenter und allgemein zugänglicher Daten möglich.

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Wie stark das Grundwasser im Kreis Viersen flächig belastet ist, machte auch Dr. Nils Cremer vom Erftverband deutlich. Bei 174 überwachten Grundwassermessstellen liege der Mittelwert aller Analysen bei 87 Milligramm — 37 Milligramm über dem zulässigen Grenzwert der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, wobei die Spitzenwerte in einzelnen Brunnen fast bei 300 Milligramm pro Liter liegen. "Hauptursache ist die landwirtschaftliche Flächennutzung. Sie trägt in unserem Verbandsgebiet zu mehr als 80 % der Nitratbelastung bei." Hinzu komme, dass das Nitrat im obersten Grundwasserstockwerk des Kreises Viersen praktisch gar nicht abgebaut werde. Und in tieferen Grundwasserstockwerken werde das dort noch vorhandene Abbaupotenzial inzwischen unwiderruflich aufgebraucht.

Franz-Josef Schockemöhle von der Landwirtschaftskammer verwies in seinem Referat auf die Kontrollen. "Wir prüfen, ob die Landwirte sich an die Düngemittelverordnung halten." Im Kreis Viersen seien in diesem Jahr 110 Betriebe überprüft worden. Daraus hätten sich 24 Ordnungswidrigkeitsverfahren entwickelt, davon 14 Bußgeldverfahren. Dr. Bernd Lüttgens vom Rheinischen Landwirtschaftsverband bekräftigte den Willen der Landwirte, gesunde Nahrungsmittel zu liefern. Dazu gehöre eben auch die Düngung der Felder. Um die Nitratbelastung des Grundwassers einzudämmen, setzt er weiterhin auf Freiwilligkeit: "Nun lassen Sie uns doch erst einmal sehen, wie wir mit unseren Modellbetrieben vorankommen." Doch dafür fehlt nach Meinung anderer Experten die Zeit. Spätestens bis zum Jahr 2027 muss die Nitratbelastung des Grundwassers auf maximal 50 Milligramm pro Liter gesenkt sein. Pessimistisch zeigte sich deshalb auch Dr. Manfred Dümmer vom BUND Landesarbeitskreis Wasser. "Meine Erfahrung zeigt, dass die 5 Punkte des Kreises Viersen in NRW politisch kaum umsetzbar sind."

Landrat Coenen lud die Landwirte in seinem Abschiedswort zur Zusammenarbeit ein, betonte gleichzeitig abermals: "Wir müssen handeln. Und wir werden handeln."