1. Krefeld

Packende Schiller-Aufführung im Stadttheater: Wie die Räuber zu Killern wurden

Packende Schiller-Aufführung im Stadttheater : Wie die Räuber zu Killern wurden

Das Krefelder Stadttheater führt Schillers Schauspiel "Die Räuber" auf. Am Samstag war Premiere.

Das war eine brachiale Aufführung, die dem Publikum streckenweise den Atem verschlug. Das Feuer, das Friedrich Schiller in seinem Jugendstück entfacht hat, wussten Regisseur Matthias Gehrt und sein Ensemble nicht nur zu hüten, sondern auf moderne Weise neu auflodern zu lassen.


Dabei hatte Bühnenbildnerin Gabriele Trinczek eine betont betuliche Kulisse geschaffen: ein Zimmer im Grafenschloss, liebevoll ausgemalt mit Kamin und Portraitbild an der Wand.
Darin schmiedet Graf Franz eine schauerliche Intrige gegen seinen Bruder Karl, der daraufhin eine Räuberbande anführt, die mit Mord und Brandschatzung das Land verheert. Ein Verbrecher aus verlorener Ehre.


Der entscheidende Kniff der Inszenierung besteht nun darin, die Kulisse des Schlosses innerhalb des freien Bühnenraums hin und her bewegen zu lassen; und zwar von den Schauspielern selbst. Sie spielen einerseits die alte Schillersche Geschichte von 1781 in Bratenrock und Perücke und gleichzeitig eine quirlige Jugendgruppe von heute in Turnschuhen, die gerade dabei ist, Schillers Stück in Echtzeit aufzuführen.


Effekt: Die Inszenierung wahrt den vollen Respekt vor dem Dichter, seinem Text und seiner Zeit; und erlaubt sich dennoch die Ironisierung der ziemlich absurden Handlung.


Dazu passt, dass Regisseur Gehrt den Schluss des Stücks abgeändert hat. Während Schiller die Frage der Moral stellt, indem sich sein verirrter Antiheld Karl freiwillig einer grausamen Justiz ausliefert, interessiert sich Gehrt für die psychologische Existenzfrage: "Was ist aus uns geworden?", lautet der im Chor vorgetragene Leitgedanke des Aufführungskonzepts.


Bei aller abstrakter Einrahmung der Geschichte entfaltet die Inszenierung erfreulicherweise die ungehemmte Wucht des Originals. Henning Kallweit als Franz fordert die göttliche Ordnung in atemverschlagender Bosheit heraus. Philipp Sommer spiegelt auf seinem Gesicht die seelische Verwirrung des Karl nicht weniger plastisch als Schillers blumiger Text. Als Referenz an den jugendlichen Furor des Stücks gilt wohl der suggestive Einsatz von Rock- und Film-Musik.


Dabei kommt es aber zu Überdrehungen. Wenn Ennio Morricones inzwischen hundertfach abgenudeltes "Spiel mir das Lied vom Tod" ertönt, wirkt dies unfreiwillig komisch. Es sei denn, man bezöge den Showdown-Effekt auf die angepeilte Ironie.

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Auch der Einfall, das Ensemble zuweilen als kommentierendes Gewissen im Chor sprechen zu lassen, zündet nur bedingt. Es ist doch immer mühsam, gemeinschaftlichem Sprechen zu folgen.


Dennoch: Die Aufführung ist spannend, geradezu mitreißend, sie bringt die wesentlichen Aspekte der Handlung nachvollziehbar auf den Punkt und schafft es vor allem, die Aktualität von Schillers Stück nachzuweisen: Das egoistische Streben nach Größe, der selbstbewusste Verstoß gegen Norm und Ethik enden im Gegenteil.


Das Premierenpublikum zeigte sich tief beeindruckt, ließ den Applaus zum Brausen anschwellen und erhob sich dabei zu großen Teilen von den Sitzen.

Weitere Aufführungen: 6., 9., 11., 18. Mai; 2. (18 Uhr) Juni; 10., 15. (16 Uhr) Juli. Beginn, soweit nicht anders vermerkt, um 19.30 Uhr.
Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805 125.