1. Krefeld

Filmerlebnis mit Sinfonie-Orchester: Vater der Horrorfilme

Filmerlebnis mit Sinfonie-Orchester : Vater der Horrorfilme

Höhepunkt des SWK-Sommerkinos auf der Rennbahn dürfte der Stummfilm "Dr. Caligari" von 1919 sein. Inhalt: Ein geheimnisvoller Wissenschaftler und sein schauriges Faktotum sorgen in der Stadt für Angst und Schrecken.

Doch der Film ist viel mehr als bloßer Krimi.


Es ist kurz nach dem 1. Weltkrieg: die Nation liegt am Boden, Millionen Soldaten wurden in den Materialschlachten zerfetzt, mit ihnen das Wertesystem der Menschlichkeit. Die Autoritäten der Kaiserzeit haben abgedankt, Aufstände zerreißen Politik und Gesellschaft, man versteht die Welt nicht mehr.
In dieser Zeit dreht der Regisseur Robert Wiene in Berlin den Stummfilm "Das Cabinett des Dr. Caligari". Von all den politischen Ereignissen der Zeit ist darin nirgends die Rede. Der Film spielt in vergangen "alten" Tagen.
Aber die ganze Atmosphäre des Films ist davon geprägt: das Bedrohliche der schrägen Kulissen, die Fratzenhaftigkeit der Mimik, der Wahnsinn der Charaktere und die Undurchsichtigkeit der dunklen Zusammenhänge.


Dem Team aus Drehbuchautoren, Regisseur und Schauspielern gelingt nicht nur eine unterschwellige Zeitanalyse, sondern mehr noch: es setzt unbewusst einen Meilenstein der Filmgeschichte: der Horrorfilm und der fantastische Film berufen sich auf "Caligari" als Urbild des Genres.
Zudem gelingt es Robert Wiene, die Stilrichtung des "Expressionismus" von Malerei und Literatur auf das noch junge Medium Film zu übertragen. Der Expressionismus mit seinen verzerrten Größenverhältnissen und kraftvollen Abstraktionen war schon vor dem 1. Weltkrieg als Reaktion auf die Verstädterung und Modernisierung des Lebens entstanden.
Nicht zuletzt führt der Film die Tradition der Schauerromantik weiter, die im 19. Jahrhundert von großen Schriftstellern wie Friedrich Schiller und E.T.A. Hoffmann begründet wurde und in England ihre bekannteste Figur hervorbrachte: Dracula.


Es dürfte ein ganz besonderes Erlebnis sein, den Stammvater aller Horrorfilme nun auf der Großbildleinwand und open air zu erleben. Zumal "Caligari" auch nach fast 100 Jahren nichts von seinem beklemmenden Grusel eingebüßt hat.
Einmalig ist es zudem, dass die Aufführung von den Niederrheinischen Sinfonikern in voller Besetzung begleitet wird. Ein solch musikalisches Erleben war den Zeitgenossen nicht vergönnt. Sie mussten sich in der Regel mit einem Klavierspieler begnügen.


Die Aufführung des alten Films geschieht im Rahmen der SWK-Sommerkinoreihe auf der Rennbahn, deren Programm täglich wechselt. Vorführungen sind am 27. und 28. August bei Einbruch der Dunkelheit. Einlass: 20 Uhr. Karten zum Preis von 39 Euro gibt es an der Kasse des Stadttheaters, im SWK Service Center an der Hochstraße 126 (beide mit VVG) sowie an der Abendkasse oder online: www.swk-openairkino.de

Hier geht es zur Bilderstrecke: Cabinet des Dr. Caligari