Premiere des neuen Opernabends im Stadttheater : Schrille Typen mit dunkler Vergangenheit

Zwei italienische Opern an einem Abend versetzten das Publikum des Stadttheaters in Entzücken.

Der Vorhang hebt sich und die Szene eines italienischen Dorfplatzes in den 30er Jahren wird sichtbar: Die Alten sitzen draußen, Kinder spielen, eine Prozession zieht mit Kreuz und Madonna in die Kirche, ein Mafioso kassiert Schutzgeld ab, Uniformierte zeigen Präsenz.

Das Bühnenbild von Siegfried E. Mayer ist gegenständlich, die Kostümgestaltung von Karine Van Hercke zeittypisch und die Figurenführung von Regisseur Francois De Carpentries treffend.

Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Leitung von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson intonieren die lieblich dahinfließende Musik von Pietro Mascagni, die wunderbar ins Ohr geht.

Auf der Bühne wird es dramatisch. Eine schlimme Liebesverwirrnis nimmt ihren Lauf und endet mit dem Tod des Protagonisten. Der Einakter "Cavalleria rusticana" ist eine Tragödie. Entsprechend düster wirkt die Szenerie.

Nach der Pause erfolgt die radikale Umkehrung: Eine bunte Wandverkleidung und neue Möblierung mutiert die Bühne zu einem Wohnhaus der 60er Jahre. Die Kostüme sind entsprechend farbig und schrill. Alles wirkt bewusst übertrieben und komisch, denn jetzt befinden wir uns in einer Komödie. Sie heißt "Gianni Schicchi", handelt von einem erbschleichenden Filou und wurde von Giacomo Puccini komponiert.

Eigentlich hat das Original mit der Liebestragödie Mascagnis nichts zu tun. Aber Regisseur De Carpentries verzahnt geschickt das Personal beider Einakter zur Generationenabfolge ein und derselben Familie. Durch diesen Kunstgriff gewinnt der Abend eine Klammer: die Entwicklung der Gesellschaft von der strengen Frömmigkeit der frühen Jahre zur morallosen Geldgier des Konsumzeitalters.

Den zynischen Humor arbeitet De Carpentries mit kleinen und feinen Marotten der schauspielenden Sänger heraus. Da sitzt jede Pointe, überzeugt jede Bewegung. Eine Meisterleistung filigraner Präzision.Die Musik bleibt leicht und verspielt, schöne Arien erfreuen das Ohr.

So entsteht über die ganzen zweidreiviertel Stunden hinweg ein überaus unterhaltsamer Opernabend, ohne jede Länge, akustisch wie optisch ein Genuss, anschaulich und zugleich geistvoll, lebenswahr und doch ganz Spiel.

Das Premierenpublikum spendete begeistert Beifall, verfiel gar in rhythmisches Klatschen und wollte die Künstler lange nicht entlassen. Zu Recht. Die Besucher gingen beschwingt nach Hause.

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Weitere Vorstellungen:
7., 8. (18 Uhr), 9. Oktober; 18. Dezember; 17., 27. Januar. Beginn: 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/ 805-125.