1. Krefeld

Molières Tartuffe

Molières Tartuffe in Krefeld : Blender bleibt am Ball

Am Samstag feierte die Krefelder Inszenierung von Molières "Tartuffe" im Stadttheater Premiere.

Molière (1622 - 73) ist der Vater der europäischen Komödie. Dass seine Stücke heute noch zum Lachen reizen, liegt einerseits an ihrem eleganten Wortwitz; zum anderen an der Schablonenhaftigkeit der karikierten Charakterschwächen: der Geizige, der Menschenfeind, der Hypochonder sind sich als Archetypen durch die Jahrhunderte gleich geblieben. Jetzt, auf der Krefelder Bühne, wird "Tartuffe" aufs Korn genommen, Typus des Frömmlers und Blenders.


Gastregisseurin Dedi Baron greift bei ihrer Inszenierung auf die Übersetzung von Wolfgang Wiens zurück und daran tut sie gut. Denn Wiens bewahrt in seinem Text den altertümlichen Charakter der Sprache, die vor allem in den herrlichen Reimen wahre Funken sprüht. Die Schauspieler könnten zuweilen ruhig das Sprechtempo etwas drosseln, um die Verständlichkeit auch der Nuancen zu gewährleisten.


Die Inszenierung selbst ist im besten Sinne modern. Statt Möbeln rollen im Haus der Hauptfigur Orgon, der sich aus naiver Gutgläubigkeit von Tartuffe bis zum eigenen Ruin über den Tisch ziehen lässt, eine unübersehbare Fülle von Bällen unterschiedlicher Größen. Bälle erinnern an kindliches Spiel, ihre Verläufe sind unberechenbar, sie symbolisieren Chaos. Entsprechend kreativ nutzt das Schauspielensemble diese ungewöhnliche Requisite: mal dienen die Bälle als Sessel, mal als Versteck, mal wird auf lebende Ziele gekegelt. Auf der Bühne ist stets quirlige Bewegung.


Aber den Haupttreffer des spritzigen Spaßes, den dieser Abend hervorruft, gebührt den Schauspielern. Sie finden sich köstlich in die Molièrschen Typen hinein. Bruno Winzen (der einst schon den Menschenfeind gab) spitzt in seiner blasierten Selbstzufriedenheit die Dummheit des Orgon zu; Henning Kallweit als Tartuffe könnte in seiner scheinbaren Harmlosigkeit den Klügsten übervorteilen; Esther Keil als Orgons Ehefrau beherrscht alle mimischen Facetten, um dem Betrug ein Ende zu setzen. Ein Glanzlicht setzt "Zofe" Carolin Schupa, die als stylisches Girlie mit ausländischen Akzenten auftritt und im harschen Gegensatz zu ihrem Outfit die einzig Bodenständige bleibt.


Die Krefelder Inszenierung hält, was sich der Zuschauer auch im 21. Jahrhundert vom "alten" Molière versprechen darf: Witz, viel Gelächter und ein wenig Selbsterkenntnis. Eine Aufführung, die man gern ein zweites Mal sieht. Das Premierenpublikum spendete langen und lauten Beifall, teils sogar stehend.

Weitere Aufführungen: 23. Februar (18 Uhr); 15. März; 5., 25. April; 14., 22. Mai; 9. Juni. Beginn: 19.30 Uhr.
Karten an der Theaterkasse: Tel.: 02151/ 805-125.