1. Krefeld

Folge 1 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ): "HOZ erfüllt medizinisch das Niveau einer Uni-Klinik"

Folge 1 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ) : "HOZ erfüllt medizinisch das Niveau einer Uni-Klinik"

Die Tür zum Konferenzraum öffnet sich: Rund 20 Mediziner blicken auf eine Projektionswand. Die Radiologen, Chirurgen, Pathologen, Strahlentherapeuten und Onkologen der verschiedenen Organzentren betrachten CT-Bilder ihrer Krebspatienten.

Jeder Arzt bringt bei der Fallbesprechung sein Fachwissen mit ein, um gemeinsam zur bestmöglichen Therapie für jeden Patienten zu kommen. Die Konferenz nennt sich interdisziplinäres Tumorboard und bildet ein Herzstück des Onkologischen Zentrums (HOZ) am Helios Klinikum Krefeld.

Folge 1 der Serie: Das Helios Onkologische Zentrum (HOZ): "HOZ erfüllt medizinisch das Niveau einer Uni-Klinik"
Foto: Helios


Über das HOZ und seine Funktion sprachen wir mit dessen Leiter Privat-Dozent Dr. Chalid Assaf und Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars.


Herr Holubars, Herr Dr. Assaf, was genau ist das HOZ am Krefelder Helios-Klinikum?
Holubars: Die Behandlung einer Krebserkrankung gleicht für den Patienten vielfach einem Marathonlauf. Er beginnt mit der für Betroffene meist sehr schockierenden Diagnose der Erkrankung, geht über die Therapie mit Bestrahlungen oder einem chirurgischen Eingriff bis zur psychologischen und sozialen Nachsorge zu Hause. Im HOZ greifen alle diese medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Leistungen ineinander zu einem ganzheitlichen Behandlungskonzept.

Wie funktioniert das konkret?
Dr. Assaf: Der Patient wird je nach seiner Krebserkrankung in einem der Organzentren behandelt, zum Beispiel im Lungen-, Haut- oder Darmkrebszentrum. Die Fachärzte dort besprechen jedes Krankheitsbild mit den Kollegen der organübergreifenden Kliniken — d.h. Radiologie, Pathologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin — in einem interdisziplinären Tumorboard. Hier bündeln alle beteiligten Ärzte ihr Fachwissen, um gemeinsam die optimale Therapie für jeden Patienten sicherzustellen.

Sie sprachen auch von Leistungen, die über den medizinischen Bereich hinausgehen?
Dr. Assaf: Wir leisten am HOZ auch psychologische Hilfestellung, wenn ein Patient einer seelischen Betreuung bedarf und diese auch in Anspruch nehmen möchte. Ebenso unterstützt der Sozialdienst, falls ein Patient anschließend zu Hause versorgt werden muss. Weil für Operationen und andere Behandlungen eine gute körperliche Konstitution von Vorteil ist, treiben unsere Physiotherapeuten auch Sport mit Patienten. Zwei unserer Physiotherapeuten bilden sich aktuell an der Sporthochschule Köln weiter, um ihr Trainingsprogramm im Rahmen der onkologischen Bewegungstherapie noch weiter auszubauen.

Das HOZ ist 2017 zertifiziert worden. Was bedeutet das?
Holubars: Ja, unser HOZ ist so gut aufgestellt, dass es von der Deutschen Krebsgesellschaft, kurz DKG, zertifiziert worden ist. Auch die einzelnen Organzentren wurden zertifiziert, zuletzt das Kinderonkologische Zentrum. Das ist ein offizieller Qualitätsnachweis und eine große Teamleistung, die auch ein wenig stolz macht.


Nach welchen Kriterien verläuft eine Zertifizierung?
Holubars: Für eine Zertifizierung müssen strenge Qualitätsanforderungen erfüllt werden. So muss nicht nur die Abstimmung zwischen den einzelnen Abteilungen reibungslos funktionieren. Es müssen auch die ständige Weiterbildung der Mitarbeiter gewährleistet sein und alle Vorgänge und Behandlungen genau dokumentiert werden. Zusätzlich spielen die Größe, Infrastruktur, Expertise und Fallzahlen der Klinik eine maßgebliche Rolle.

Wer überprüft das?
Dr. Assaf: Die Deutsche Krebsgesellschaft schickt jedes Jahr sogenannte Auditoren. Das sind Mediziner, die Zugang zu allen Stationen und OP-Sälen erhalten sowie alle Dokumentationen einsehen. Diese erstellen einen Prüfbericht. Ich bin stolz darauf, dass unserem HOZ im vergangenen Sommer ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt wurde. Ich darf sagen, wir erfüllen medizinisch das Niveau einer Universitätsklinik.

Verdient Helios mit einem HOZ mehr Geld als ohne eine solch zertifizierte Einrichtung?
Holubars: Das Gegenteil ist richtig. Die Zertifizierung und Einrichtung des HOZ ist mit einem auch finanziellen Aufwand verbunden. Als Haus der Maximalversorgung sehen wir diese Investition aber als Verpflichtung an. Damit verbunden ist die strikte Einhaltung und der Nachweis vorgegebener Diagnose- und Therapiestandards.
Es muss beispielsweise stets die Pathologie auf dem aktuellsten Stand der molekulargenetischen Diagnostik besetzt sein, um in kürzester Zeit die Anfragen der Organkliniken beantworten zu können. Dazu haben wir unsere Teams und die technischen Methoden, etwa das Next Generation Sequencing, kurz NGS, in vielen Bereichen erweitert. Die Honorarsätze der Krankenkassen hingegen steigen durch eine Zertifizierung nicht.

Warum haben Sie das HOZ dann eingerichtet?
Dr. Assaf: Ich bin Ende 2015 mit diesem Vorhaben auf die Geschäftsführung zugegangen. Herrn Holubars brauchte ich davon nicht überzeugen, er und die komplette Klinikleitung haben ihre Unterstützung sofort zugesagt. Wir haben dann nach und nach alle Organzentren, die nicht schon zertifiziert waren, zertifizieren lassen und eben auch das HOZ in seiner Gesamtheit. Das war in diesem zeitlichen Ablauf für alle Beteiligten ein Herzensprojekt und Kraftakt zugleich. Heute sind alle von der DKG zertifizierbaren Organzentren des Klinikums ausgezeichnet. Ohne auf eine bestehende Struktur zurückgreifen zu können, wäre das so nicht möglich gewesen.

Und welchen Beweggrund hatten Sie?
Dr. Assaf: Meine Kollegen und ich sind in erster Linie Ärzte, die für ihre Patienten das Beste erreichen wollen. Gerade bei der Krebstherapie kommt es darauf an, auf dem aktuellsten Stand zu sein, um für unsere Patienten immer die optimale Hilfestellung sicherstellen zu können. Zudem schweißt so ein Zertifizierungsprozess Teams über die Berufsgruppen hinweg zusammen, was sich auch auf die Zusammenarbeit sehr positiv auswirkt.


Unterhalten Sie am HOZ auch einen Wissensaustausch mit den Forschern an Universitäten oder anderen Krankenhäusern?
Dr. Assaf: Ja, natürlich. Ich selber lehre nach wie vor an meiner Heimatuniversität, der Berliner Charité. Auch durch die Beteiligung an wissenschaftlichen Studien ist die Behandlung an vielen Punkten ihrer Zeit ein Stück voraus. So können Patienten von neuesten Therapien profitieren, die über das normale Behandlungsangebot weit hinausgehen. Darüber hinaus stehen wir etwa mit dem Westdeutschen Tumorzentrum an der Universität Essen und der RWTH Aachen in ständigem Kontakt.
Da jedes Krebszentrum seine Schwerpunkte hat, findet im Sinne einer bestmöglichen Behandlung auch ein enger Austausch zwischen den spezialisierten Zentren statt. Wir nehmen hier in Krefeld zum Beispiel keine allogene Stammzelltransplantationen vor.

Holubars: Das HOZ stellt seine umfassende Expertise auch kleineren Krankenhäusern zur Verfügung, die eine solche Infrastruktur und Spezialisierung nicht vorhalten können. So arbeiten wir beispielsweise mit Kliniken in Duisburg und Oberhausen zusammen und beraten Mediziner dieser Häuser bei der Versorgung komplexer onkologischer Krankheitsverläufe, häufig auch per Telemedizin. Wir sind mit unserem HOZ in der Krebsbehandlung neben Mönchen-gladbach in dieser Breite das Kompetenzzentrum am Niederrhein.

Wie ist allgemein der Stand der Krebsmedizin? Gab es in den letzten Jahren nennenswerte Fortschritte?
Dr. Assaf: Eindeutig ja. Der Fortschritt in der Krebsdiagnostik und insbesondere der Therapie ist sogar rasant zu nennen. Seit vor zirka 15 Jahren das menschliche Genom vollständig entschlüsselt wurde, können wir zunehmend die Gene identifizieren, die für die jeweilige Krebserkrankung ursächlich sind. Das eröffnet uns die Möglichkeit, die Erkrankung sehr viel gezielter zu bekämpfen.


Ist die Genforschung also der Königsweg zur Bekämpfung von Krebs?
Dr. Assaf: Nicht immer. Zunächst muss der Pathologe feststellen, ob der Krebs durch eine genetische Veränderung hervorgerufen wurde. Dann können gezielt Medikamente gegen die verursachenden Genveränderungen eingesetzt werden. Ebenso wichtig für die Krebsbekämpfung ist aber auch die Immunologie. Indem man das Immunsystem des Körpers anregt, kann es selbst Krebszellen erkennen und abtöten. Diese Erkenntnisse der Immuntherapie bei Krebs wurden letztes Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.


Kann der Einzelne im Alltag etwas beitragen, um einer Krebserkrankung vorzubeugen?
Dr. Assaf: Empfehlenswert ist sicherlich eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und viel sportlicher Bewegung. Es gibt Studien, die einen solchen Schluss nahelegen. Mit zunehmendem Alter lässt die Fähigkeit des Organismus nach, sich gegen bösartige Veränderungen zur Wehr zu setzen. Sport ist gut, weil in vielen Studien gezeigt werden konnte, dass Bewegung das Immunsystem anregt. Eine Versicherung gegen die Krankheit ist dies natürlich nicht. Dennoch: Wir alle können einen positiven Beitrag leisten, um die Risiken zu minimieren.