1. Krefeld

Hilfe in einer fremden Welt

Hilfe in einer fremden Welt

Straßenbahnfahren kann ein Abenteuer sein, wenn man in den Steppen Afghanistans aufgewachsen ist. Diese Erfahrung machte Sarbaz Ahmadzai, Neuankömmling in Krefeld.

„Ich wusste erst gar nicht, wie man die Tür der Straßenbahn öffnet“, bekennt Sarbaz Ahmadzai lächelnd. Und dann durfte der 35-jährige Afghane ja auch nicht die richtige Haltestelle verpassen. Schwierig, wenn man kein Deutsch spricht und die Schilder nicht lesen kann.

Zum Glück gibt es hilfreiche Einheimische. Zu ihnen gehört Albert Lindenau. Der Ruheständler hat sich der siebenköpfigen Familie beratend angenommen. „Ich begleite sie zu Ärzten, ins Jobcenter oder zur Krankenkasse.“ Lindenau spricht flüssig Englisch. Ahmadzai ebenfalls. So sind Verständigung und Übersetzungen gewährleistet.

Kurz vor Himmelfahrt war die Familie aus Afghanistan am Düsseldorfer Flughafen angekommen. Zielort: Krefeld. Jeder hatte einen Koffer dabei. Sonst nichts.

Der Vater hatte in seiner Heimat für die Bundeswehr gearbeitet. Seitdem die deutschen Soldaten abziehen, muss Ahmadzai die Rache der Rebellen befürchten. Deshalb erteilte ihm Deutschland ein dreijähriges Aufenthaltsrecht inklusive Arbeitserlaubnis.

Die Stadt Krefeld verwies die Eltern und ihre fünf Kinder in eine Wohnung in Inrath, gleich an der St. Anna-Kirche. Der Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde hatte die frei gewordene Wohnung der Stadt zur Verfügung gestellt.

„Als ich hörte, dass die Familie kommen sollte, habe ich mich im Gottesdienst vor die Gemeinde gestellt und um Unterstützung gebeten“, berichtet Gemeindereferent Jochen Pesch. Albert Lindenau meldete sich. Aber auch andere. Tatkräftige Helfer sicherten aus einer Hotelauflösung einige Betten, die sie mittels eines Transporters überführten, den wiederum ein weiteres Gemeindemitglied organisiert hatte.

Nun besuchen die beiden jüngsten Kinder, 5 und 2 Jahre, den gemeindeeigenen Kindergarten. „Der ältere Junge spricht schon gut Deutsch“, freut sich Erzieherin Gabi Gräwe, „doch das jüngere Mädchen schweigt sich noch aus,“ bedauert sie.

Nicht alle Familienmitglieder werden so leicht integrierbar sein wie die beiden jüngsten. Die Mutter ist Analphabetin. Vater Sarbaz lernt zwar Deutsch, doch eine Arbeitsstelle hat ihm das Jobcenter bisher nicht vermitteln können. Die Familie lebt von Hartz IV.

Bessere Chancen dürften die Kinder haben. Die älteren besuchen hiesige Schulen, teils in Förder- und Integrationsgruppen.

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Wie viel Probleme aber das Leben in einer fremden Welt verursacht, vermitteln die kleinen Erlebnisse im Alltag. Da stellt sich heraus, dass in den deutschen Dokumenten der falsche Name steht. Grund: der in afghanischen Personalpapieren übliche Zusatz „Sohn des ...“ war hier als Aufreihung weiterer Vornamen missverstanden worden. Umständlich und teuer mussten alle Papiere wieder geändert werden. Auch das Fahrradfahren lernt sich nicht so einfach, schon gar nicht im dichten Stadtverkehr.

Jochen Pesch und Albert Lindenau jedenfalls können über mangelnde Beanspruchung ihres Zeitkontingentes nicht klagen. „Da bleibt zu Hause schon mal manches an Arbeit liegen“, sagt Lindenau offen.

(City Anzeigenblatt Krefeld II)