Schlimme Gefangenschaft : Tagebuch vom Überleben

Ein Krefelder Schriftsteller hat die Tagebücher seines Vaters veröffentlicht. Sie künden von einer grauenhaften Zeit. Eine Lehre für die Nachwelt.

30 Grad minus, die Gefangenen fallen bei der schweren Arbeit um und sterben, unerträglicher Hunger. Der evangelische Pfarrer Friedrich Große-Oetringhaus hat die furchtbaren Lebensbedingungen im russischen Kriegsgefangenenlager in seinem Tagebuch festgehalten. Geschrieben auf Zigarettenpapier. In winziger Schrift, um Platz zu sparen.


Sein Sohn, Dr. Hans Martin Große-Oetringhaus, ist als Entwicklungshelfer viel in der Welt herumgekommen. Arbeitete in Afrika, Asien und Australien. Vor einigen Jahren ließ sich der erfolgreiche Autor mehrerer Erzählbücher in Krefeld nieder.


In einer kleinen Holzkiste verwahrt er die Aufzeichnungen seines Vaters. "Sie sind noch in Sütterlin geschrieben", blättert der Diplompädagoge die Heftchen aus Zigarettenpapier auf, "mein Vater hatte sie auf meinen Wunsch hin in unsere Schrift übertragen." So konnte der Sohn sie lesen. Die Inhalte waren bewegend.
Nicht nur Schriften haben sich aus der Zeit der Gefangenschaft erhalten. "Diese Zahnbürste hat ein Gefangener aus dem Schweif eines Pferdes gefertigt", zeigt er eine grobe Bürste mit Holzstiel vor. Das Pferd gehörte einem Wachmann. In einem unbeaufsichtigten Moment hatten die Gefangenen dem Tier einen Büschel Haare abgeschnitten. Auch der Holzlöffel, den der Vater in Gebrauch gehabt hatte, ist selbst geschnitzt.


Vater Große-Oetringhaus war Mitglied der Bekennenden Kirche, einer evangelischen Widerstandsbewegung gegen die Nazis. Sein Bekenntnis musste er mit Gefängnis büßen. "Irgendwann holte man ihn aus dem Gefängnis und schickte ihn an die Front", berichtet sein Sohn. So geriet der Pfarrer in die Kriegsgefangenschaft. Tagelang wurden er und seine Kameraden in einem Viehwagon Richtung Sibirien gefahren, ohne Essen, ohne Licht, ohne Toilette.


Es war sein christlicher Glaube, der ihn gestärkt hat. Dies geht ebenfalls aus den Aufzeichnungen hervor. Im Lager nahm er unbeirrt seine Funktionen als Pastor wahr, spendete Trost, hielt Gottesdienste und begrub die Toten.


Ein prominentes Mitglied der Bekennenden Kirche war Martin Niemöller. "Mein Vater hat ihn gut gekannt", erinnert sich Martin Große-Oetringhaus, "dieser Bekanntschaft verdanke ich meinen Vornamen."
Der Sohn hat Auszüge aus den Aufzeichnungen seines Vaters, versehen mit eigenen Kommentaren, in einem Buch festgehalten. Der Titel "Suchen, Bekennen, Hoffen, Danken" bezieht sich auf die Lebensstationen des Vaters. "Danken" steht für die Rückkehr in die Heimat 1946.

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Pfarrer Große-Oetringhaus wirkte danach über 30 Jahre als Pfarrer in Westfalen. Er starb 1996.
Das Buch seines Sohnes ist 2016 im Shaker Media Verlag erschienen, hat 298 Seiten und kostet 17,90 Euro. Es ist im Buchhandel erhältlich.