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Serie Digitalisierung: Steel Service Krefeld: Europa-Handel per Digitalbrille

Serie Digitalisierung: Steel Service Krefeld : Europa-Handel per Digitalbrille

In einer Serie stellt der Extra-Tipp heimische Industriebetriebe vor, die sich der Digitalisierung besonders verschrieben haben. Heute: SteelService Krefeld.

Im Besprechungsraum hängen die Normierungszertifikate für Stahl. Gleich in vier Sprachen: deutsch, englisch, französisch und chinesisch. "Drei- bis viermal im Jahr reise ich nach China", erklärt Jürgen Beesen, geschäftsführender Gesellschafter der Firma "Steel Service Krefeld." Denn aus dem Reich der Mitte bezieht das Unternehmen mit Sitz im Gewerbepark Fichtenhain seinen Stahl, den es an Großhändler in ganz Europa weiter verkauft.


Wie kauft man Stahl?


In der Beantwortung dieser Frage liegt das Erfolgsrezept des Krefelder Mittelständlers. Dadurch hat er es innerhalb weniger Jahre geschafft, dem 2013 gegründeten Unternehmen einen gewichtigen Platz auf dem europäischen Markt zu sichern und in England sogar einen etablierten Mitbewerber aus dem Feld zu schlagen:


"Wir haben uns voll digitalisiert", bekräftigt Jürgen Beesen, "und wir treiben die Entwicklung stetig weiter." Das sind keine Schlagworte, sondern konkrete Maßnahmen:


Beesen und seine Mitarbeiter haben im Internet ein Kundenportal eingerichtet. Ein Käufer braucht nur wenige Klicks mit der Maus, um festzustellen, welche Waren zu welchem Preis in welcher Menge vorrätig sind. Da die Waren normiert sind, kann der Käufer per Mausklick seine Bestellung aufgeben. "Jeder Besteller erhält einen individuellen Zugang mit Passwort", erläutert Beesen weiter, "dadurch wird ihm gleich sein individueller Preis unter Berücksichtigung seiner Rabatte und Sonderkonditionen angezeigt."


Das digitale Verfahren vereinfacht die Bestellung erheblich und sichert allen Partnern volle Transparenz über Warenbestände und den Status von Bestellung und Auslieferung.
"Allein unser Unternehmen spart dadurch den früheren Aufwand an Abstimmung zwischen den Abteilungen und das Ausfüllen unzähliger Formulare", freut sich Beesen.


Die Auslieferung der Stahlprodukte geschieht auf Wunsch des Bestellers auch direkt an den Endkunden. Beesen: "Der Endkunde bekommt gar nicht mit, dass wir es waren, die ausgeliefert haben und nicht sein unmittelbarer Geschäftspartner." Auch mit dieser Bequemlichkeit macht "Steel Service Krefeld" seinem Namen alle Ehre.


Digitalisiert sind aber nicht nur die Bestellungen. "Wir hielten nach Möglichkeiten Ausschau, auch unser Lagerungssystem digital umzustellen und gleich an die Kundenplattform anzuschließen", berichtet Jürgen Beesen vom Aufbau der Gesamtlogistik. Bei einer Aachener Spezialfirma wurde der Betriebswirt fündig: Es bot eine "digitale Datenbrille" an.
Mit dieser speziellen Brille scannen die Mitarbeiter im Lager die Aufträge ein, die am Bildschirm gelistet sind und finden über den Scan-Code zielsicher die gewünschte Ware, die beim Entnehmen auch gleich im Computersystem ausgetragen wird.

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Beesen: "Dadurch gewinnen wir nicht nur Zeit, sondern auch Sicherheit." Denn ähnliche Warensorten sind meist in unmittelbarer Nähe gelagert. Da sind Verwechselungen menschlich. Das digitale System mittels Datenbrille schließt den "menschlichen Faktor" aus. "Seit Einführung der Datenbrille ist bei Inventuren kein einziger Fehler mehr aufgetreten", bestätigt der Firmenleiter.


Dabei wachsen die Warenbestände stetig. In Fichtenhain unterhält die Firma eine ehemalige Tennishalle als Lager. "Hier hat meine Frau noch Tennis gespielt", blickt Beesen zurück. Heute lagern hier 7.500 Sorten Werkzeug- und Präzisionsflachstähle, insgesamt 40.000 Teile. Schon ist die Halle zu klein geworden. Der Bau einer größeren wird derzeit geprüft. Eine zweite Halle befindet sich in England. Sie ist etwas kleiner, birgt aber immer noch Stahlwaren von 300 Tonnen. "Das ist ein weiterer Wettbewerbsvorteil", ergänzt Beesen, "wir können alle Kundenwünsche sofort erfüllen, weil wir alles auf Lager haben."

Steel Service - ein Kind der Seidenstadt

Die "Steel Service Krefeld" trägt ihren Standort bereits im Namen. Auch Geschäftsführer Jürgen Beesen ist ein waschechter Krefelder: in der Seidenstadt geboren, aufgewachsen und immer noch wohnhaft. Seine Ausbildung begann der heutige Betriebswirt im Stahlwerk von ThyssenKrupp. Bereits mit 32 Jahren erhielt er Prokura und übernahm verschiedene bedeutende Aufgaben im ThyssenKrupp-Konzern, davon zuletzt als Geschäftsführer eines internationalen Handelsunternehmens. 2007 machte er sich mit einem Partner selbstständig und gliederte 2013 aus dem gemeinsamen Unternehmen die "Steel Service" aus, die er mit zwei Gesellschaftern betreibt. Die Firma hat 15 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 9 Millionen Euro.