1. Krefeld

Hans-Georg Liegener im Interview: Plädoyer für die Senioren-WG

Hans-Georg Liegener im Interview : Plädoyer für die Senioren-WG

Wie wollen wir im Alter leben? Caritas-Vorstand Hans-Georg Liegener über Seniorenheime im Jahr 2030.

Herr Liegener, wie möchten Sie im Alter leben?

Liegener Wenn ich noch gesundheitlich fit bin, möchte ich so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Dafür würden meine Frau und ich auch in eine kleinere, barrierefreie Wohnung ziehen.

Und wenn es alleine nicht mehr geht?

Liegener Wenn ich gesundheitlich eingeschränkt wäre, würde ich ambulante Pflege in Anspruch nehmen. Im Fall einer demenziellen Verwirrung würde ich mir wünschen, in einer betreuten Senioren-WG unterzukommen.

Eine Senioren-WG?

Liegener Ja, das ist ein Trend in der Altenpflege. Das funktioniert so: In einem Heim gruppieren sich mehrere ,WG-Zimmer' um einen Gemeinschaftsraum. Diese Struktur erleichtert den dementen Bewohnern die Orientierung. Sie werden dort nicht nur versorgt, sondern auch in den Tagesablauf eingebunden.

Bringt das nicht alles durcheinander? Die Abläufe in der Altenpflege sind doch normalerweise straff geplant.

Liegener Das lässt sich planen - man muss die Bewohner natürlich genau kennen. Dann kann man sich an ihren Fähigkeiten orientieren: Auch wenn jemand nur noch einfachste Handgriffe ausführen kann, etwa geschälte Kartoffeln in einen Topf zu legen, dann sollte man ihn dies tun lassen. Es ist für die Menschen enorm wichtig, das Gefühl zu haben, etwas beizutragen und gebraucht zu werden. Das gibt ihnen ein Stück Lebensqualität zurück - es läuft ähnlich wie in einer Familie.

Wäre so eine "WG-Betreuung" nicht unerschwinglich?

Liegener Die bisherigen Modelle zeigen, es wird nicht billiger, aber auch nicht teurer. Man braucht mehr Alltagshelfer, die die Senioren im täglichen Leben unterstützten. Das müssen aber keine ausgebildeten Pflegekräfte sein.

Gibt es so ein Modell schon bei der Caritas in Krefeld/Meerbusch?

Liegener Noch nicht. Wir haben uns für die Einrichtung eines solchen Projekts in Fischeln beworben. Es müssen natürlich auch die baulichen Voraussetzungen hergestellt werden. Die Altenpflege ist im Umbruch - deshalb planen wir kaum noch klassische Altenheimplätze. Statt dessen werden neue Modellen gesucht.

Veränderungen werden sich nicht so schnell umsetzen lassen. In welchem Zeithorizont planen Sie?

Liegener Langfristig. Unser Modell in Sachen Zukunft der Pflegeheime läuft unter dem Titel "Vision 2030".

Das Gespräch führte Stadt Spiegel-Redaktionsleiter Jan Popp-Sewing

(jps)