1. Krefeld

Oper Claus Grünberg

Moderne Oper mit barocker Musik : Kompaktes Werk - ganz große Wirkung

Eine kleine, aber hoch konzentrierte Oper mit moderner Technik und barocker Musik feierte im Stadttheater Premiere.

Wann denkt ein Mensch über sich und die Welt nach? Die Psychologen sagen: wenn ein negatives Ereignis eingetreten ist.


Claus Grünberg, Titelheld der Oper "Der seltsame Fall des Claus Grünberg", hat ein negatives Ereignis zu bewältigen, das negativste überhaupt: Frau und Kind sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.


Nun sitzt er im Rollstuhl in der Psychiatrie und philosophiert mit Figuren seiner Fantasie über das Leben; über Leid und Freude, Tugend und Glück, Verantwortung und Schuld.


Kobie van Rensburg, Schöpfer und Regisseur dieser kleinen Kammeroper, taucht die Handlung ganz in die Musik des italienischen Namensvetters seines Titelhelden ein: Claudio Monteverdi (1567 - 1643).

Ein siebenköpfiges Orchester unter Leitung von Yorgos Ziavras intoniert die Barockstücke in wunderschöner Einfühlsamkeit. Sie sind dem Opern- und Madrigalwerk Monteverdis entnommen und entpuppen gerade vor dem Hintergrund der gegenwartsbezogenen Geschichte eine verblüffende Modernität.


Diesen Effekt verstärkt Kobie van Rensburg durch seine Eigenart, das Bühnenspiel mit Videotechnik zu hinterlegen. Auf einer Leinwand erscheint eine Abfolge surrealer Bilder: man sieht einen Wal durch einen Wald schweben, Ritter paddeln übers Meer, ein Engel schwingt seine weißen Flügel. In die traumhaften Szenen hinein werden die Sängerinnen und Sänger, die auf der Bühne stehen, per Kamera hinein projiziert.


Das Publikum erlebt die Aufführung ungewöhnlich hautnah. Denn es sitzt nicht wie üblich im Parkett, sondern auf der Bühne selbst. Der Bühnenraum ist auf wenige Quadratmeter verengt: Rund 80 Zuschauerplätze, links das Orchester, die Leinwand schließt den kleinen Aktionsraum ab. Dadurch bedarf es gar nicht der Videovergrößerung, um bei den Sängern jede Regung ihrer Gesichtsmuskulatur zu erkennen.


Die Handlung und ihre Darbietung berühren das Publikum tief in der Seele. Die philosophischen Kontroversen, gesungen in italienischer Sprache (mit deutschen Übertiteln), sind spannend. Vor allem, weil neben Figuren aus der Mythologie auch aktuelle Politiker erscheinen: Da diskutiert Grünberg mit einer Trump-Maske über den Gebrauch von Macht.


Leider spitzt sich die Handlung sehr düster zu. Und ihre Quintessenz fällt trivial aus: dass man angesichts der Zerbrechlichkeit des Lebens den Augenblick genießen solle. Diese Alltagsphilosophie ist zwar zutreffend, aber keine Klimax eines ansonsten auch geistig anregenden Abends.

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Wichtiger jedoch ist seine hohe Ästhetik: dass es gelungen ist, den barocken Klängen Monteverdis einen ebenso überraschenden wie zeitgemäßen Rahmen zu verleihen. Auf so konzentrierte Weise hat man Monteverdi noch nie genießen dürfen. Das ist eine große Leistung. Das Publikum applaudierte begeistert und trampelte sogar mit den Füßen.

Weitere Vorstellungen: 1., 12., 13. Juli.
Dauer: zwei Stunden mit Pause (Bewirtung).
Karten an der Theaterkasse, unter Tel.: 02151/ 805-125.