1. Krefeld

Grandiose Hamlet-Premiere im Stadttheater: Gewissen unter der Narrenkappe

Grandiose Hamlet-Premiere im Stadttheater : Gewissen unter der Narrenkappe

Eine furiose Inszenierung am Stadttheater ließ die Oper "Hamlet" nicht nur zum Musik-, sondern auch zum Sehgenuss werden.

Alle geifern nach der Macht. Wie die Verdurstenden kriecht der Menschenpulk einem rot gepolsterten Königsthron entgegen, der in luftiger Höhe über der Bühne hängt. Drauf Platz nehmen wird der Mörder des amtierenden Königs. Der Weg zur Macht ist blutig.


Regisseurin Helen Malkowsky hat ein starkes Auftaktbild erschaffen. Auch die folgenden Bilder werden so prägend und dabei so packend sein, dass der Zuschauer der Handlung mühelos folgen kann.


Hamlet ist der Sohn des Ermordeten und muss die Untat rächen. Doch der Mörder ist sein eigener Onkel, dessen Mittäterin seine Mutter. Am Ende wird Hamlet ebenso mit Blut und Schuld besudelt sein wie sein Onkel. Die Familie ist zerstört, die Braut Ophelia liegt im Grab. Die Ur-Schandtat hat viele weitere nach sich gezogen.


Dabei ist die Oper über weite Strecken alles andere als düster. Der französische Komponist Ambroise Thomas (1811 - 1896) hat eine große Anzahl lieblicher und flotter Melodien geschaffen, die auf "französisch leichte" Art die munteren Teile der Handlung begleiten. Da wird getanzt und gefeiert, geliebt und gelacht. Thomas hat sich nämlich nicht die Urfassung von William Shakespeare zur Vorlage genommen, sondern die französische Bearbeitung von Alexandre Dumas aus dem Jahre 1847.


Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Leitung von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson verleihen der Musik wunderbare Gefühlsintensität. Einen großen Anteil am lustvollen Treiben gewinnt auch der Chor, der die Bühne mit buntem Leben versieht.


Gesungen wird in französischer Sprache. Am Kopf der Bühne laufen deutsche Übertitel. Die sind aber kaum nötig, weil die Sänger so gut schauspielern und die Regie so durchdacht ist, dass die Inhalte der fünf Akte stets klar vor Augen treten.


Bariton Rafael Bruck singt den Hamlet, Sophie Witte die Ophelia. Ihre langen Arien in der zweiten Hälfte der Vorstellung feiert das Publikum mit brausendem Zwischenapplaus.


Andrew Nolen singt am wenigsten, steht aber am häufigsten auf der Bühne. Sein Part ist fast nur schauspielerischer Natur und er erfüllt ihn hervorragend. Mit Narrenkappe, ohne Hemd und Schuhe, begleitet er die Protagonisten als Geist des ermordeten Königs, wie ein schicksalhafter Schatten. Auch dies ein starkes Bild; und ein Beispiel, wie eine Nebenrolle zum roten Faden einer Aufführung werden kann.

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Kostümbildnerin Susanne Hubrich hat vor allem den Chor in weite Kleider und Pluderhosen gewandet, die an die Renaissance erinnern. Bühnenbildner Hermann Feuchter überrascht mit immer neuen Arrangements.


Wollte man den dreistündigen Ohren- und Augenschmaus in einem Begriff zusammenfassen, käme nur eine Vokabel in Betracht: grandios. Das Premierenpublikum spendete seinen nicht enden wollenden Beifall zum großen Teil stehend und brachte namentlich Sophie Witte Ovationen dar.

Weitere Vorstellungen:
9. (18 Uhr), 22., 19. Dezember; 9., 14. (16 Uhr), 28. Januar; 7. Februar. Beginn: 19.30 Uhr.
Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/ 805-125.