1. Krefeld

Pilotprojekt der Villa Merländer: Gerüche aus düsterer Zeit

Pilotprojekt der Villa Merländer : Gerüche aus düsterer Zeit

In der Villa Merländer kann man die Ausstellung über Krefeld und den Nationalsozialismus jetzt "mit allen Sinnen erfahren". Deutschlandweit einmalige Geruchsstationen vermitteln zu den Themenräumen passende "Düfte": Die reichen von Bohnerwachs bis Brandgeruch.

Wie roch die Zeit unserer Großeltern? Eine nur auf den ersten Blick einfache Frage, denn viele früher gebräuchliche Düfte sind verschwunden. Welches Schulkind weiß, wie ein Heuschober riecht oder ein muffiger Bunker?

Die Villa Merländer nutzt nun ab sofort Gerüche bei ihrer Ausstellung über Krefeld im "Dritten Reich". Ein ambitioniertes Projekt, das in dieser Form deutschlandweit einmalig ist.

Technische Hilfe kommt von der Firma Henkel: In mehrwöchigen Versuchen hat Flavourist Hubert Smyrek (Schöpfer des beliebten "Krefeld Parfums") fünf Odeurs kreiert, die nun in der Ausstellung zum Einsatz kommen: Den Duft von Zigarrenrauch, Gewürzen, Bohnerwachs, Kernseife und verbanntem Holz.

Unter die Nase bekommt man die Düfte nur, wenn man per Fingerdruck spezielle (für wenig Geld selbst gebaute) Geruchsspender aktiviert. Dann springt ein Mini-Ventilator an und bläst über die sogenannte Perle, die den Duft milligrammweise abgibt. Gut ein Jahr lang soll so eine Duftportion halten.

Ausstellung und "Duftmarken" sind thematisch aufeinander abgestimmt - allerdings stehen bei den Geruchsstationen keine Erklärungen. Besucher müssen selbst raten und im Zweifel fragen.

Dr. Ingrid Schupetta, Leiterin der NS-Dokumentationsstätte, stellt erfreut fest, dass sich gerade Kinder, die keine Lust haben, lange Erklärungen zu lesen, mit den Duftautomaten beschäftigen - und so einen ganz eigenen Zugang zur Ausstellung bekommen.

Das Zigarren-Odeur soll an das häusliche Leben der 30er Jahre erinnern. Die Kernseife bekommt man im Raum zu riechen, der sich mit den ethnischen Säuberungen der Nazis beschäftigt. Nach Zimt und Koriander duftet es auf Knopfdruck in dem Raum, der dem jüdischem Leben gewidmet ist.

Der Spender mit dem Brandgeruch steht im Raum, der die Zerstörungen in den letzten Kriegsjahren thematisiert. Der Holzruinen-Duft ist neben der Koriander-Note am einfachsten zu "erriechen".

(StadtSpiegel)