1. Krefeld

Schauspiel-Auftakt im Stadttheater: Alptraum als Grunderfahrung

Schauspiel-Auftakt im Stadttheater : Alptraum als Grunderfahrung

Das Schauspiel des Stadttheaters hat die neue Spielzeit mit einer Doppelpremiere eröffnet:


Freitag auf der Studiobühne der Fabrik Heeder mit dem Politstück "Deine Liebe ist Feuer” des syrischen Exilautors Mudar Alhaggi und Samstag im Großen Haus mit dem Komödienklassiker "Der zerbrochene Krug” von Heinrich von Kleist.


Das Stück des Syrers spielt im Bürgerkrieg und handelt von zwei jungen Frauen und ihrem Freund, die miteinander diskutieren, ob sie nach Deutschland fliehen sollen.
Im "Zerbrochenen Krug” geht es um den Dorfrichter Adam, der einen Streitfall klären soll, in dem er selber der heimliche Täter ist.


In beiden Inszenierungen, so unterschiedlich sie sind, spielt der Traum eine tragende Rolle. Im Syrien-Stück streitet sich der virtuelle Autor mit seinen eigenen Figuren, wie das Stück wohl weitergehen könne. Regisseur Rafat Alzakout, ebenfalls ein Exil-Syrer, arbeitet deutlich die Lebenskrise des Autors heraus. Das Stück selbst erscheint damit weniger als Aufarbeitung des Bürgerkrieges, denn als Ausfluss der Ängste eines zweifelnden Menschen. Der äußere Krieg ruft die innere Krise nur hervor. Das ist pfiffig gedacht, doch gelingt es dem Text nicht nahtlos, beide Problemkreise zu überlappen. Die Konstruktion wirkt etwas gezwungen.


Regisseur Hüseyin Michael Cirpici verleiht dem "Zerbrochenen Krug” durch die Einführung des Traumes eine neue, sehr zeitgemäße Sichtweise. Weniger das äußere Gerichtsverfahren steht im Vordergrund, als die inneren Ängste der Hauptperson, des Dorfrichters Adam. Die Geschichte Kleists wird konsequent subjektiviert. Gleich zu Beginn schleichen die späteren Antagonisten wie Nachtgespenster auf den schlafenden Richter zu. Mehrfach hält Cirpici die Zeit an, indem sich die Mitspieler in "slow motion" bewegen, um Adam Gelegenheit zur einsamen seelischen Reflexion zu geben. Das wirkt psychologisch überzeugend und fokussiert die Modernität des 200 Jahre alten Textes.


In beiden Inszenierungen bleibt das Bühnenbild abstrakt. Auf der kleinen Studiobühne schafft es Regisseur Alzakout aber, dem leeren Raum durch eine Vielzahl von Requisiten, Ideen und Andeutungen verständlichen Inhalt zu geben. Das fällt Cirpici auf der großen Bühne schwerer. Zumal dort die zuweilen mangelnde Akustik nicht immer zulässt, dass die Sprechakte der Schauspieler die physische Leere kompensieren. Auch der Einsatz von Filmsequenzen erhält bei Alzakout einen nachvollziehbaren Informationsgehalt, während er sich bei Cirpici nicht erschließt.

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Jedes Theaterstück lebt naturgemäß von den Schauspielern. Die vier Darsteller des Syrien-Stücks geben ein Paradebeispiel, wie auf kleiner Bühne ein schwieriger Inhalt durch überzeugende Darstellungskunst und deutliche Artikulation zum emotionalen Erlebnis wird. Das gilt ebenso für die erfrischenden Neuzugänge im Ensemble, Carolin Schupa und Vera Maria Schmidt, wie für Philipp Sommer und den Fels im Team, Adrian Linke, der den Autor spielt.


Auch im "Zerbrochenen Krug” erlebt der Zuschauer Klasse: Bruno Winzen spielt Angst und Verzweiflung des Dorfrichters, der stets vor der Entdeckung steht, phänomenal und auf ganz eigene Art heraus. Der Moment, als Adam erkennt, dass der vorgesetzte Gerichtsrat (Christopher v.u.z. Lerchenfeld) ihn durchschaut und dieser wiederum sich seines Verdachtes bewusst wird, ist atemberaubend.


Fazit: Der zweifache Einstieg in die neue Spielzeit erwies sich als Omen für einen aufregenden Theaterherbst.

Weitere Vorstellungen:
"Deine Liebe ist Feuer": 30.9.; 26.,31.10.;14.11.
"Der zerbrochene Krug": 26.9.; 11.,14.,20.10.; 3.,9.11. Theaterkasse: Tel.. 805-125.