1. Krefeld

„Pferdeflüstern“ ist nicht genug

„Pferdeflüstern“ ist nicht genug

Christine Clanzett als „Pferdeflüsterin“ zu bezeichnen, wäre gänzlich unpassend. Denn was die Tierphysiotherapeutin mit ihren vierbeinigen Patienten macht, ist meist sehr handfest.

„Und hier hätten wir die Blutegel!“ Aus ihrer Tasche zieht Christine Clanzett ein kleines, wassergefülltes Plastikdöschen. Zwei dunkle, längliche Wesen, ungefähr einen Zentimeter dick und acht Zentimeter lang, haben sich am Deckel festgesaugt und schwingen bei jeder Bewegung des Bechers hin und her. Ein Anblick, der sicherlich nicht jeden erfreut – aber Christine Clanzett wischt Bedenken fröhlich vom Tisch: „Diese Tiere sind ausgesprochen nützlich und hilfreich, und sowohl Pferde als auch Hunde finden es sehr angenehm, damit behandelt zu werden.“

Die gelernte Ingenieurin hat vor fünf Jahren ihre Passion zum Beruf gemacht und über zwei Jahre eine Ausbildung zur Tierphysiotherapeutin absolviert. Blutegel setzt Christine Clanzett bei der Behandlung besonders gerne ein. Über 500 Stück hat sie mittlerweile schon verwendet.

Die großen, die im Plastikdöschen auf ihren Einsatz warten, sind für Pferde gedacht. Für Hunde gibt es kleinere Exemplare. Wie das funktioniert, ist schnell erklärt: „Die Egel werden auf entzündete Stellen gesetzt, zum Beispiel bei Sehnenverletzungen am Pferd, Arthrose oder schlecht heilenden Wunden. In ihrem Speichel, den sie während des Saugvorgangs abgeben, sind etwa vierzig medizinisch wirksame Stoffe enthalten. Der bekannteste Wirkstoff ist Hirudin, der blutverdünnend, entzündungshemmend und antibiotisch wirkt. Dazu kommt eine schmerzlindernde Wirkung des Egelspeichels.“

Was genau dabei passiert, ist wissenschaftlich noch nicht in allen Einzelheiten erforscht, aber für Christine Clanzett ist klar: „Die tierischen Patienten spüren, dass die Egel ihnen guttun. Sie empfinden auch keinen Schmerz dabei. Anfangs zucken sie vielleicht einmal kurz, weil sie denken, da sitzt eine Fliege an ihrem Bein, aber nach kurzer Zeit fangen sie an, wohlig zu gähnen und zu schmatzen. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie sich wohlfühlen.“

Was vielen als ziemlich „blutig“ und etwas eklig erscheint, entpuppt sich als sanfte Behandlungsmethode. Das trifft übrigens auf die meisten Therapieformen zu, die Christine Clanzett anwendet: „Das Bild vom Knochenbrecher, das im Fernsehen vermittelt wird, ist einfach falsch. In der Physiotherapie machen wir eher kleine Bewegungen, nutzen die Reflexe der Tiere, provozieren vorsichtig eine Reaktion und setzen sanfte Reize. Das hat mit dem, was da im TV gezeigt wird, nichts zu tun.“

Eher schon mit genauem Beobachten des Tieres: Wie reagiert es auf eine bestimmte Berührung oder auf Druck? Wo sitzen Verspannungen, die durch eine Massage gelöst werden können? Um Pferdebesitzern ein Grundwissen über den tierischen Bewegungsapparat zu vermitteln, gibt die Fachfrau ihr Wissen auch in Kursen und demnächst auch als Dozentin an der Akademie für Tierheilkunde weiter.

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Denn ihre Erfahrung ist, dass viele Tierbesitzer die Zeichen für eine Erkrankung nicht richtig deuten oder gar nicht bemerken. „Manchmal frage ich zum Beispiel: Hat das Pferd diesen Knubbel am Bein schon länger? Wenn die Antwort dann lautet: Keine Ahnung, der ist mir noch nicht auf gefallen, dann kann ich nur sagen: Fasst Eure Pferde doch mal an!“

(StadtSpiegel)